Finance Learning − Wie die Finance Academy bei Bosch das People Development erfolgreich vorantreibt

Shownotes

Fragen:

Was ist die Globale Finance Academy bei Bosch? Wie ist sie in das Finanzressort eingebunden?

Was waren in den letzten 10 Jahren die größten Veränderungen im Ansatz für People Development & Learning für die Finance Community?

Welche Veränderungen werden in den nächsten Jahren der Weiterentwicklung erwartet?

Welche Bedeutung hat das flächendeckende Ausrollenkompetenzbasierter Rollenprofile für Qualifizierung und Personalentwicklung in Finance?

Was sind die erfolgreichsten und wirksamsten neuen Lernformate der letzten Jahre?

Was sind die Ziele der jährlichen Finance Learning Days bei Bosch und wie läuft das konkret ab?

Wie wichtig ist das „self learning" innerhalb des Academy-Ansatzes und wie verbreitet ist es heute bei Bosch?

Wie kann man den Digitalisierungstrend in Finance & Controlling gezielt entwicklungs- und qualifizierungsseitig unterstützen?

Was sind generell die inhaltlichen Top-Themen der Academy?

Wie ist das optimale Setup für eine Finance Academy? Ist es besser, wenn ein „HR-Experte" sich in Finance einfuchst oder wenn sich ein „Finanzer" Learning & Development Methoden aneignet?

Bei wem braucht es mehr Überzeugungsarbeit, dass Lernen mehr als „nice to have ist"? Beim Mitarbeiter oder bei deren Vorgesetzten?

Wie ist die Academy bei Bosch in die Finance Transformation eingebunden?\ Wie sieht es mit der Unterstützung aus dem Top Management aus?

Wie gelingen Aufbau und Betrieb einer Finance Academy mit limitiertem Budget bzw. was sollten Prioritäten sein, wenn man das Thema neu aufsetzen möchte?

Weiterführende Links:

„Zukunftsorientierte Talententwicklung im Controlling (Björn Radtke, Gunnar Elbers, Controlling & Management Review, Ausgabe 6/2024)

Management-Podcast von CTcon (Folge 21): Learning Journeys in einem hochdynamischen Umfeld - Management Development & Training bei Bechtle

Management-Podcast von CTcon (Folge 15): Wie sieht die Zukunft des Controlling aus? Praxisrelevante Ergebnisse und Trends aus dem aktuellen WHU Controller Panel

„Role transformation at Hager" (Thomas Lührmann, Björn Radtke, René Schnabel, Gauthier Weyl, Controlling & Management Review, Ausgabe 8/2022)

Transkript anzeigen

00:00:09: Podcast: Zielführung starten - der Management-Podcast von CTcon.

00:00:22: Christian Bungenstock: Willkommen zur ersten Folge von Zielführung starten im Jahr 2025 und zur Folge 27 in unserem Management-Podcast. Ich bin Christian Bungenstock, Partner bei CTcon in Düsseldorf und Ihr Gastgeber. Die Finanzfunktion verändert sich rasant und damit ist das Anforderungsprofil an die dort tätigen Menschen ständig in Bewegung. Heute sprechen wir daher über Wege im People Development. Warum ist es wichtig, sich ständig fortzuentwickeln und Talente zu fördern? Heben sich hierin führende Unternehmen in ihrem Erfolg und in dem ihrer Mitarbeiter von anderen ab? Dieter Kirschmann und Björn Radtke konkretisieren das Thema am Beispiel von Bosch. Dieter Kirschmann leitet die globale Finance Academy bei Bosch. Seit Gründung entwickelt sie Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen für die globale Finance Community im Konzern. Eng eingebunden war er in die Entwicklung neuer Controller-Rollenprofile. Damit hat Bosch im Jahr 2021 den ICV Controlling Excellence Award gewonnen. Björn Radtke ist Partner bei CTcon in Düsseldorf. Er berät führende Unternehmen und öffentliche Organisationen seit 1996 im Performance-Management. Dabei begleitet Björn auch Finance-Communities im Kompetenzaufbau. Mit Praktikern führender Konzerne und in Kooperation mit der WHU arbeitet er an den Zukunftsthemen in der Unternehmenssteuerung und im Controlling. Schön, dass Sie dabei sind.

00:01:52: Björn Radtke: Dieter, willkommen in unserem Podcast. Freut mich sehr, dass wir uns hier mal über das Thema People Development und Finance unterhalten können und was so eine Finance Academy macht. Willkommen.

00:02:02: Dieter Kirschmann: Ja, herzlichen Dank, Björn, für die Einladung zu diesem Podcast. Ich freue mich sehr darauf.

00:02:08: Björn Radtke: Prima. Es geht um das Thema Finance Academies und die globale Finance Academy bei Bosch. Das klingt erstmal eindrucksvoll. Für alle, die das vielleicht noch nicht kennen, wäre es ganz schön, mal zu hören, was ist denn das überhaupt, was sind eure Zielgruppen, über wie viele Menschen reden wir, was macht ihr überhaupt?

00:02:24: Dieter Kirschmann: Ja, dahinter verbirgt sich im Grunde eine Fachakademie für die Finanzfunktion der Bosch-Gruppe, wobei der Begriff Finance oder Finanzen, Accounting, Controlling, Steuern und Treasury umfasst. Und global oder weltweit bedeutet einfach, dass das, was wir machen, was wir im Angebot haben, eben bei Bosch intern weltweit zur Verfügung gestellt wird. Für die Hauptzielgruppe der Finance-Leute aus den verschiedenen Disziplinen, die ich gerade genannt habe. Das ist dann damit eben auch gleichzeitig unsere Hauptzielgruppe. Aber eben auch je nach Thema für alle Führungskräfte aus den Non-Finance-Bereichen. Das ist es im Wesentlichen. Das klingt nach einem großen Rat.

00:03:09: Björn Radtke: Wie viele Leute reden wir da so grob?

00:03:11: Dieter Kirschmann: Ja, was die Hauptzielgruppe anbelangt, sprechen wir über Tausende von Mitarbeitenden und wenn es um die Führungskräfte der Non-Finance-Bereiche geht, sind es sogar noch wesentlich mehr.

00:03:22: Björn Radtke: Ja, beeindruckende Zielgruppe. Jetzt kennen wir uns aus der Zusammenarbeit seit beinahe zehn Jahren und wenn du mal zurückblickst, Finance Academy und Lernen für Finanzer vor zehn Jahren und dir das Gleiche heute nochmal anguckst. Was waren denn da so die größten Veränderungen, die du vielleicht erwartet hast, aber vielleicht auch nicht erwartet hast?

00:03:43: Dieter Kirschmann: Ja, es sind tatsächlich jetzt fast zehn Jahre und ich erinnere mich noch sehr, sehr gut, als ich im Jahr 2015 zum ersten Mal an dem Finance Academy Roundtable von euch teilnehmen durfte. Ich glaube, es fand damals in Zürich statt. Genau. Mein Eindruck damals war, mit dem bin ich aber natürlich dann auch aufgetreten, war, dass das Thema Learning im Finance-Bereich zumindest aus heutiger Sicht eher noch etwas verschult war, standardisiert war. Zumindest ich, aber ich hatte auch den Eindruck von den anderen Unternehmen, die teilgenommen haben, dass es vor allem auch um Face-to-Face-Trainings ging. Es ging um Web-based-Trainings, eher klassischer Natur. Es gab natürlich auch spezielle Programme in einzelnen Häusern. Und ich muss fast schon ein bisschen lachen, ich war wahrscheinlich der Einzige, der noch ein ausgeprägtes Reporting mitgebracht hatte, um die Academy zu steuern. Da erinnere ich mich auch noch ganz gut dran. Waren die anderen aber neidisch? Ja. Ich hätte damals nicht erwartet, dass das Thema Learning in Finance so eine fulminante Entwicklung nimmt. Da kommen wir vielleicht später noch dazu, wie es sich eben heute darstellt. Und gleichzeitig ist die Zeit doch auch sehr, sehr schnell vergangen. Wir reden jetzt fast über zehn Jahre und genau.

00:04:50: Björn Radtke: War es damals wichtiger oder heute wichtiger? Also... Wie fühlst du dich mit der Academy jetzt mehr gebraucht im Unternehmen und vielleicht wie anders als früher?

00:05:02: Dieter Kirschmann: Damals bekam ich 2013 den Auftrag, eine Academy in Bosch weltweit für die Finance-Funktionen aufzubauen, weil es eben allenfalls lokale Lernangebote für die Leute aus dem Finance-Bereich gab und im Grunde auch nichts standardisiert war. Und um die weitere Entwicklung der Finanzfunktion eben zu unterstützen, war klar, hier muss etwas passieren sozusagen und weltweit einheitlich darzustellen. Insofern war da auf jeden Fall ein Bedarf da, der wurde gedeckt. Um auf deine Frage zu antworten, ob das jetzt heute mehr gebraucht wird, würde ich sagen, ja, selbstverständlich. Denn wie alle Unternehmen befinden wir uns in einer hochdynamischen und auch transformativen Phase. Dort ist das Thema Learning an sich schon wesentlich wichtig, um die Mitarbeitenden entsprechend mitzunehmen in den jeweiligen Funktionen, aber vielleicht auch mehr im Sinne eines ganzheitlichen Lernens. Ich bin der Überzeugung, dass die Bedeutung des Lernens sogar noch zugenommen hat über den ursprünglichen Auftrag von damals hinaus.

00:06:01: Björn Radtke: Ja, vielen Dank dafür. Dann liegt es natürlich nahe zu sagen, wenn wir jetzt in zehn Jahren wieder hier uns sprechen, wie wird es denn dann aussehen? Oder was glaubst du, wie es aussieht?

00:06:11: Dieter Kirschmann: Das ist wirklich eine sehr, sehr gute Frage. Aber für mich auch ehrlich gesagt eine sehr schwierige Frage. Und wer kann für sich schon den Anspruch nehmen, in der heutigen Zeit mal zehn Jahre nach vorne zu schauen und zu sagen, ja, so wird es wohl werden. Aber ich habe meinen smarten Praktikanten gefragt dazu. Und der hat einen Namen, der heißt ChatGPT 4.0. Der hat zum Beispiel gesagt, dass das Thema Digitalisierung und E-Learning weiter zunehmen wird. Das hat mich jetzt an sich nicht überrascht. Also auch wir tun unsere Lernangebote möglichst sinnvoll weiter digitalisieren. Wir haben praktisch kaum noch Face-to-Face-Trainings. Und auch das Thema E-Learning damit verbunden, nimmt sicherlich in der Bedeutung weiter zu. Die Frage ist, welche Art von E-Learnings. Dann hat die KI gesagt, ja, das Lernen wird aber auch individueller. Und da bin ich auch davon überzeugt. Ich denke, dass man die Leute damit viel besser künftig abholen kann und auch muss, wo sie gerade stehen und quasi nicht alle mit einem einheitlichen Programm von Beginn an sozusagen abholen kann. Also das würde ich auch mitgehen. Und auch da sind wir in der Finance Academy heute schon ein Stück weit mit dran. Dann hat der smarte Assistent gesagt, naja, und in drei bis fünf Jahren ist natürlich auch die KI selbst im Einsatz und wird im Learning-Bereich integriert sein. Und das macht absolut Sinn. Also wenn ich dann eben Mitarbeiter bin, dann kann ich mir ja eben von einer intelligenten Maschine helfen lassen, mir einen Lernpfad zum Beispiel zu kreieren, weil ich eine bestimmte Stelle anstrebe. Also das, denke ich, kann ich auch nachvollziehen. Dann, Fokus soll auf Soft Skills künftig noch mehr liegen. Das freut mich, denn ich denke, funktionales Fachwissen ist unabdingbar. Keine Frage, das gilt natürlich für den Finance-Bereich gleichermaßen, um das Geschäft entsprechend performant unterstützen zu können. Aber es geht eben auch um Soft Skills und in unseren CPTM-Kompetenzmanagement-Rollen haben wir die auch schon berücksichtigt. Da geht es zum Beispiel um Business Acumen, da geht es um Management-Methoden, da geht es um persönliche Kompetenzen und so weiter und so fort. Nicht alles davon sind Soft Skills, aber wir haben das eben in unseren Trainingsplänen, Lernangeboten ebenfalls berücksichtigt. Wobei ich sagen muss, dass diese Lernangebote, was Soft Skills anbelangt, nicht originär von uns kommen, sondern von benachbarten anderen Academies von Bosch. Dann das Thema Gamification. Ja, Lernen soll Spaß machen. Muss vielleicht auch Spaß machen. Da haben wir aber auch schon in der Vergangenheit immer wieder Web-based-Trainings erzeugt oder entwickelt, die eben auch so ein spielerisches Element mit drin hatten. Das wird in Zukunft so bleiben, da bin ich zutiefst davon überzeugt. Dann das Thema regulatorische Schulungen, hat die KI gesagt, wird künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen. Da ist doch schon so viel, dachte ich. Ja, aber vielleicht gibt es noch mehr. Kann ich nachvollziehen. Auch wir haben natürlich im Finance-Bereich hier entsprechende Trainings, sofern sie eben natürlich benötigt werden und auch dann verbindlich umgesetzt werden und getrackt werden. Dann das Thema Lernkultur und kontinuierliches Lernen. Ist in aller Munde. Schon heute wird zunehmend der Bedeutung. Auch da bin ich fest davon überzeugt. Aber das wird eine lange Reise werden und keine einfache Reise. Und das Thema interdisziplinäre Ansätze. Ist an sich vielleicht auch nichts Neues. Wir haben das teilweise auch bei uns drin in unseren Trainingsplänen, weil wir uns mit anderen Academies sozusagen vernetzen und dann auch mal Lernangebote reinnehmen aus Marketing, Logistik, Produktion. Halte ich aber für sehr, sehr schwierig, weil meine Beobachtung ist und die kann natürlich vielleicht auch in Teilen falsch sein, aber heute wird mehr so auf den momentanen Bedarf gelernt, nicht mehr so ganzheitlich vernetzt, übergreifend, schon mit einer gewissen prozessorientierten Brille, das ja, aber weil Zeit, glaube ich, knapp ist, um zu lernen, lernt man das, was man gerade braucht, um sozusagen die Aufgabe zu erfüllen. Und dann ganzheitlich und interdisziplinär zu denken und zu lernen, das ist ambitioniert, meiner Meinung nach.

00:10:11: Björn Radtke: Ja, da hat dein Praktikant einen Haufen Themen gebracht. Und alle klingen spannend und bieten wieder Ansatz, dazu nochmal zu sprechen. Ein paar Stichworte drin. Das eine war Soft Skills versus der Frage Fachlichkeit. Kann ich auch nur aus eigener Anschauung bestätigen, vor zehn Jahren. Das meiste, was da bei uns nachgefragt wurde, waren Fachtrainings mit klassischen Controlling-Finance-Themen, jedenfalls im Bereich Finance Academy. Inzwischen ist das deutlich stärker auf verhaltensorientierte Themen gegangen an vielen Stellen, weil man irgendwie voraussetzt, wenn da schon einer kommt mit akademischem Background in eine Finanzfunktion, dann hat der das doch gefälligst schon zu können. Und dafür will ich ja nicht noch investieren. Und gut, dann müssen wir nachher noch über das Thema Digitalisierung sprechen. Spannend war auch dein Stichwort, wir haben das doch in den Kompetenzen und unseren Rollen hinterlegt. Ihr habt mal, und du warst da wesentlicher Treiber von... mit Bosch vor wenigen Jahren einen Controllerpreis gewonnen des ICV für einen rollenbasierten Ansatz, um Controller zu kategorisieren und dahinter auch Lernpläne zu setzen. Hat viel Öffentlichkeit bekommen, ein tolles Konzept. Für alle, die es nicht kennen, vielleicht sagst du mal kurz, was steckt dahinter, wie steht ihr da und welche Bedeutung hat das eigentlich für Lernen jetzt?

00:11:28: Dieter Kirschmann: Ja, sehr gerne. War natürlich eine Riesenfreude von unserem Kernprojektteam, das war ich jetzt nicht alleine, wir waren zu viert, dass wir da den ICV Award gewonnen hatten. Das hat uns richtig glücklich und stolz gemacht. Also was im Grunde dahinter steckt, sind sogenannte Kompetenz- oder Skill-basierte Rollen oder Jobprofile. Wir haben davon fünf ausgeprägt, eher allgemein gehalten, nicht die aktuelle Controlling-Organisation im Unternehmen damit abgebildet, sondern etwas abstrahiert, um eben Freiräume in der Anwendung und in der Zuordnung zu schaffen. Diese fünf Controller, Controllerinnen, die haben wir ja beschrieben und auch mit den wesentlichen Aufgaben versehen. Wir haben dann in einem nächsten Schritt gesagt, was könnten denn entsprechende Kompetenzbereiche sein, neben der Fachfunktion. Und da sind halt wieder so Dinge oder so Aspekte genannt worden, wie Business Acumen, Management-Methoden zum Beispiel oder eben die persönlichen Kompetenzen. Auch das Thema IT-Technik, Data Analytics und so weiter, das waren dann die Kompetenzbereiche. Und dann sind wir dort noch einmal je Bereich eine Stufe tiefer gegangen und haben uns dann gefragt, bezogen auf die jeweilige Rolle oder das Jobprofil, was muss denn eine Mindestausprägung für eine jeweilige Kompetenz sein, damit ein solcher Rolleninhaber oder Inhaberin eben diese Rolle entsprechend wirksam ausüben kann. Und so sind Kompetenzprofile entstanden. Und zu den Kompetenzprofilen haben wir dann entsprechende Trainingspläne oder Curricula entwickelt. Natürlich auch mit unseren Fachtrainings und es ist vorher schon angeklungen, darüber hinaus auch mit Trainingsschulungen von anderen Academies von Bosch oder eben auch mal mit weltweit verfügbaren externen Angeboten, sofern die eben von uns dann für gut befunden worden sind. Wir haben das damals vorgestellt, den ICV Award gewonnen. Wir haben es dann hier auch in Bosch weltweit umgesetzt für die Finance-Funktionen. Und drei Jahre später darf ich sagen, dass die Zuordnungsraten sowohl für das Controlling wie auch für den Steuerbereich tatsächlich jetzt über 90 Prozent liegen. Wir tracken das. Und Accounting ist auch schon sehr hoch mit knapp über 80 Prozent, hängt aber noch etwas hinterher. Wir haben jetzt kein Bestreben auf 100 Prozent zu kommen. Das ist eigentlich auch nicht möglich und auch nicht Ziel. Aber wir wollen diesen hohen Zuordnungsgrad verstetigen.

00:13:45: Björn Radtke: Okay, damit alle verstehen, das heißt über 90 Prozent eurer Controller haben sich selber zugeordnet, haben gesagt, das ist doch meine Rolle und lernen damit dann auch.

00:13:55: Dieter Kirschmann: Korrekt, das ist so korrekt. Also von zehn Controllern bei Bosch haben neun mindestens eine Rolle zugeordnet. Man kann sich natürlich vorstellen, in kleineren Einheiten ist es so, dass die Ausprägung der einzelnen Aufgaben vielleicht nicht so stark ist, sondern dass eben ein Controller dort mehrere Jobprofile sozusagen abdeckt, dann kann er sich auch zwei Rollen zuordnen. Das ist erlaubt. Aber diese Zahl, die du gerade genannt hast, heißt, dass wenigstens eine Rolle, ein Curriculum einem Controller zugeordnet ist. Korrekt.

00:14:23: Björn Radtke: Marc, kannst du, damit es noch einen Ticken konkreter wird, gerade nochmal sagen, was sind das für fünf Rollen, von denen du sprachst?

00:14:29: Dieter Kirschmann: Das eine ist der Business Partner, dann kommt der Business Analyst, der sehr stark natürlich mit dem Business Partner zusammenarbeiten soll, muss eigentlich. Dann haben wir den Governor. Wir nennen den Internen immer den Sheriff in Town. Und dann haben wir noch den Subject Matter Expert, also tatsächlich der Fachexperte, die Fachexpertin. Und dann haben wir noch eine sehr stark IT-bezogene Rolle damals ausgeprägt, die wir auch immer noch haben, den Data Scientist, weil eben diese Art von Aufgaben auch in den Funktionsbereichen selbst angesiedelt worden ist. Und wir gesagt haben, dann wollen wir das Ganze auch noch etwas kontrollenspezifisch haben, diesen Data Scientist. Der aber nach meinem Dafürhalten nicht originär ein betriebswirtschaftliches Studium unbedingt hinter sich gebracht hat, sondern vielleicht Mathematik oder sogar Informatik dann studiert hat.

00:15:18: Björn Radtke: Okay. Und ganz praktisch, jetzt sage ich, ich bin jetzt Subject Matter Expert als Controller bei Bosch und dann klicke ich bei dir aufs Portal und kann sehen, was für mich das passende Angebot wäre. Ist das so?

00:15:31: Dieter Kirschmann: Das ist im Grundsatz so. Also die Rolle wird so zugeordnet, dass der Mitarbeiter sich die selber zuordnen kann, natürlich in Absprache mit dem jeweiligen Vorgesetzten. Und dann habe ich eben die Rolle, ich weiß, was mein Profil ist und dann bekomme ich automatisch sozusagen einen Trainingsplan an die Hand. Und da schaue ich, was kann ich schon? Man fängt ja in der Regel nicht bei Null an. Und was brauche ich noch? Und dann werden eben diese Trainingsangebote vorgeschlagen und in Absprache mit dem Vorgesetzten wird dann entschieden, was noch besucht wird, was noch gelernt wird und was, wie gesagt, vielleicht aber auch schon da ist und deswegen nicht mehr benötigt wird. Das Konzept übrigens bietet natürlich jeden Freiraum. Ich kann darüber hinaus, über den Trainingsplan hinaus, selbstverständlich auch noch einzelne Trainings zusätzlich mir zuordnen und besuchen.

00:16:14: Björn Radtke: Und wie kam das an in der Organisation, wenn man so sagt, jetzt kommen die da mit ihren Rollen und ihrem Curriculum? Ist das gut? Was hast du denn da so für Feedback gekriegt?

00:16:23: Dieter Kirschmann: Das Feedback war insgesamt sehr positiv, das wir bekommen haben, weil wir damit auf Basis der Finance-Strategie im Unternehmen im Grunde eine Ausrichtung hinbekommen haben und diese Rollengenerierung auch im Vorfeld natürlich mit unserem weltweiten Finance-Netzwerk innerhalb der Firma ausgearbeitet worden ist. Also es war ein gemeinsam getragenes Konzept. Und das Feedback war auch deshalb so positiv. Ich hatte es eingangs schon erwähnt, weil der Ansatz eher ein generischer, ein allgemeinerer Ansatz ist, sodass sich jeder irgendwie ein Stück weit wiederfindet, auch wenn es vielleicht völlig unterschiedliche Geschäftsmodelle sind, in denen die Controller entsprechend hier tätig sind.

00:17:03: Björn Radtke: Alles klar. Ja, freut mich zu hören. Ich habe ja auch gesehen, es gibt einige Häuser, die sich auch gerne orientieren an eurem Modell. Und was ähnliches einführen. Du hast auch in deinem intelligenten Praktikanten-Vortrag den Teil Self-Learning drin. Das ist etwas, was wir auch mit dir und mit anderen Kollegen in großen Konzernen auch länger diskutieren. So der Weg von... Ganz früher hat halt ein Fachexperte, ein Leiter Accounting, ein Leiter Controlling gesagt, das sind die Inhalte und die müsst ihr jetzt lernen. Dann kommt dieses Thema rollenbasiert im Sinne von, das ist ja schon unterschiedlich, welchen Teil der Inhalte du jetzt eigentlich kennen sollst aus verschiedenen Fachbereichen. Und dann kommt das Thema Self-Learning eigentlich mit der Basisthese. So richtig genau können wir es eigentlich den Leuten auch gar nicht mehr sagen, sondern ihr seid schon eures Glückes Schmied selbst. Wir können nur Rahmenbedingungen schaffen, damit ihr euch da hoffentlich gut entwickelt. Das ist ja jetzt sehr holzschnittartig. Wie guckst du da drauf und seid ihr auch auf dem Weg in die Richtung?

00:18:09: Dieter Kirschmann: Ja, ich würde da vielleicht gerne zunächst mal eine persönliche Einschätzung abgeben wollen. Ja, ich denke, die Zeiten sind vorbei, wo Vorgesetzte den Mitarbeitenden sagen, was sie lernen sollen. Das halte ich für gar nicht mehr zielführend, einfach weil sich das Umfeld insgesamt geändert hat. Dann, Björn, denke ich, ist es auch ein bisschen ein Generationenthema, weil die jungen Leute vielleicht ganz einfach anders lernen, als wir Älteren damals. Also vielleicht schon auch viel selbstbestimmter begonnen haben zu lernen. Man muss ja auch festhalten, dass vielleicht jeder Mensch für sich am ehesten weiß, wo er vielleicht noch etwas zu lernen hat. Und dazu muss er vielleicht jemand anderen auch gar nicht fragen. Also ich bin ein starker Unterstützer und Befürworter von diesem selbstbestimmten Lernen. Das setzt aber auch voraus, die Erkenntnis. Bei allen, jetzt mal unheimlich von der Generation, zu sagen, ich habe das Bewusstsein, dass ich mich selber um mein Lernen und Fortkommen nach der Ausbildung, also im Berufsleben selber kümmere. Und das vielleicht in Kombination mit der Tatsache, dass wir eben in den transformativen Zeiten leben. Also man könnte fast schon sagen, Weiterlernen ist ein Muss. Das ist jetzt vielleicht auch keine Neuigkeit. Aber das muss man erst mal als Mindset haben. Das ist vielleicht nicht so einfach. Und dann kommen wir vielleicht ein bisschen aus meiner Sicht so in die technische Ebene rein. Ich meine, es gibt E-Universities, ja. Also das kann ich auch privat irgendwie abonnieren oder irgendwelche schicken Lernplattformen. Aber wenn man das dann auf den Beruf, den man ausübt, adaptiert... ist ja die Frage, was finde ich da? Und wenn ich da was finde, was ist das richtige Angebot für mich? Denn wenn ich jetzt reinklicke und sage, ich hätte gern irgendwie ein Learning zu Cashflow, kann das sein, dass mir eben im Rahmen des selbstbestimmten Lernens so eine Maschine dann vorschlägt, ja, hier hast du 50 Learning Items, die bieten das und das und das und dann habe ich ein Auswahlproblem. Und jetzt wird es vielleicht dann in Richtung Betrieb interessant, wenn man nun eben in einem Unternehmen einen Cashflow definiert hat, weil man gesagt hat, das ist für uns eben die Cashflow-Definition, dann muss man, glaube ich, aufpassen, was man da selbst bestimmt lernt. Weil ich habe dann immer so ein bisschen das Bild im Kopf, in einem Meeting, alle haben irgendwas zu Cashflow gelernt, aber jeder versteht in einem Cashflow ein bisschen was anderes, sodass die Kommunikation vielleicht gar nicht so einfach ist. Also selbstbestimmtes Lernen unbedingt, aber in Teilen, in Form von geführten, kuratierten Angeboten. Und da wird es dann wieder für eine Finance Academy zum Beispiel oder eine Sales Academy oder eine HR Academy, denke ich, sehr interessant. Also ganz ohne eine gewisse Guidance wird es wahrscheinlich nicht gehen. Und, das habe ich noch gar nicht gesagt, sowohl der Mitarbeitende muss sich den Freiraum zum Lernen nehmen, wenn schon selbstbestimmt. Also auch der Vorgesetzte muss vielleicht ein Vorbild sein und selber seinen Mitarbeitenden zeigen, dass er ein Lernender, eine Lernende ist, sich den Freiraum nimmt als Role Model, als er hier vorwärts geht und sagt, ich finde es gut, wenn ihr lernt.

00:21:11: Björn Radtke: Das heißt, ihr schafft auch solche Angebotsmöglichkeiten, also sprich, ich kann Plattformen bei euch nutzen, kann mich auf externe Anbieter schalten, wenn ich das möchte und dein Job oder der Job deines Teams ist dafür zu sorgen, dass man dann geleitet wird auf aus Bosch-Sicht sinnvollen Inhalt, richtig?

00:21:31: Dieter Kirschmann: Ja, also wenn wir jetzt auf Bosch schauen, ist es so, dass gerade eben tatsächlich so ist, dass eine Lernplattform eingeführt wird, die eben dieses selbstbestimmte Lernen sehr unterstützt, vor allem mit informellen Lernangeboten, aber eben auch natürlich mit formalen Lernangeboten. Da sind wir dabei, da haben wir auch unseren Auftritt und wir bieten natürlich dort auch sogenannte kuratierte Lerninhalte an und dann darf der Lernende sagen, okay, wenn da jetzt eben die Finance Academy das freigegeben hat, dann kann ich das eben unbedenklich sozusagen lernen, auch wenn es nicht in einem Curriculum drin steht. Das passiert gerade eben. Da ist die Firma momentan dabei, das einzuführen, um eben die Entwicklung der Mitarbeiter zu unterstützen, um dann auch wieder entsprechend positiv diese Transformation im Sinne Unternehmensstrategie hinzubekommen.

00:22:20: Björn Radtke: Interessant. Lass mal in die Inhalte schauen. Das ist ja die direkte Überleitung von dem, was denn da so zu finden ist als Mitarbeiter. Und wenn ich dann mal frage, was sind dann so die coolsten Trainings, die ihr so anbietet? Und cool kann ja heißen, es hat dir besonders viel Spaß gemacht, ist interessant mit zu konzipieren oder kann heißen, da ist ein richtiger Impact oder kann heißen, da gab es richtig tolles Feedback von den Lernern, wo man ein Gefühl kriegt, wie kann man denn die Dieter und die Finanzer bei Bosch so begeistern.

00:22:46: Dieter Kirschmann: Ja gut, ich könnte es natürlich die knapp zehn Jahre Revue passieren lassen. Da ist einiges passiert an coolen Learnings, zumindest aus meiner Sicht. Aber vielleicht die letzten beiden, weil die jetzt eben noch am aktuellsten sind. Wir haben letztes Jahr zum Beispiel ein sogenanntes E-Magazin für den Free Cash Flow entwickelt, was eben die Lernenden sich kostenlos ansehen können. Es ist natürlich interaktiv. Wir spielen da auch mit dem Bild einer Badewanne. Das einfließende und ausfließende Wasser soll quasi den Cash Flow, den Fluss des Geldes symbolisieren. Wir haben dort Beispiele drin aus dem privaten Bereich. Wenn man ein bestimmtes Budget hat und dann verschiedene Sachen kauft oder eben auch nicht kauft, was das dann für eine Auswirkung auf das Portemonnaie hat. Und es steigt dann auch über die Kapitel ein bisschen im Schwierigkeitsgrad an. Aber mit dieser Art von Learning haben wir sehr große Erfolge im Non-Finance-Bereich erzielt, weil man natürlich den Finanzern nachsagt von der Ausbildung her, also ganz so unbekannt sollte euch der Cashflow nicht sein. Wir begrüßen natürlich in dem Magazin auch Leute aus dem Finanzbereich, auch Leute aus dem Non-Finanzbereich. Das kam sehr gut an und das entsprechende Feedback kann man natürlich dazu auch bekommen. Und wir tracken auch, wie oft sozusagen dieses Magazin gelesen, angeschaut wird. Natürlich nicht namentlich, aber wir haben zumindest eine Anzahl von Leuten. Dann dieses Jahr im Frühjahr fertig entwickelt und ausgerollt ein sogenanntes Digital Escape Game zum finanziellen Zielbild der Firma Bosch. Das richtet sich tatsächlich eigentlich auch an das Führungspersonal aus dem Non-Finance-Bereich. Selbstverständlich können auch Financer dieses Escape Game spielen. Es findet digital über MS Teams statt und dort wird in einer fremden zukünftigen Welt sozusagen in vier Kapiteln ein Auftrag gegeben und es müssen Rätselfragen gelöst werden. Am Ende gibt es dann eben die Transformation in die heutige Geschäftswelt, in die von Bosch. Das kommt extrem gut an. Warum kommt es gut an? Weil dieses Spiel in Teams von drei bis vier Personen gespielt wird. Und dann spielen diese Teams gegeneinander innerhalb von 90 Minuten. Dann ist das Spiel rum. Das ist also auch zeitlich beschränkt. Und hinterher tauscht man sich eben in dieser Transformationsphase in die heutige Welt aus, wie man das Spiel gefunden hat. Wie man die Teamdynamik erlebt hat und was man gelernt hat bezogen auf dieses finanzielle Zielbild, das kommt extrem gut an. Es hat also einen sehr spielerischen, immersiven Charakter. Man lernt mit diesen Kennzahlen umzugehen, wie die zusammenhängen und kann es dann nachher auf sein Geschäft sozusagen referenzieren.

00:25:23: Björn Radtke: Entspannt. Dann ein anderes Format. Wir haben ja auch die Freude, die ein oder andere Finance Academy noch begleiten zu dürfen. Und wenn die mich fragen, was kann ich da eigentlich noch machen, um noch Breitenwirkung zu erzielen mit der Finance Academy, dann sage ich, guck doch mal zu Bosch, weil die machen sowas wie Finance Learning Days. Ganz viele Menschen mit ganz vielen Lernangeboten und einer wahnsinnigen Sichtbarkeit. Kannst du da noch mal was zu sagen, was ihr da macht?

00:25:47: Dieter Kirschmann: Ja, sehr gerne. Tatsächlich haben wir dieses Jahr die Finance Learning Days zum dritten Mal durchgeführt. Es handelt sich hierbei um eine Art informelles Learning Event. Das führen wir einmal im Jahr durch für eine ganze Woche. Und wir haben dort drei Kategorien oder Kanäle, Streams. Das eine ist mehr so der Kanal für allgemeine Themen. Dann haben wir einen Kanal für Lernthemen und natürlich dann eigentlich fast schon den wichtigsten Kanal für fachspezifische Themen. Und ja, wir fragen dann verschiedene Leute im Konzern, aber eben auch außerhalb. Wir haben eben auch externe Beiträge, die sich bereit erklären, hier was beizusteuern, ob sie eben da mitmachen wollen. Und sie bieten dann entsprechende Themen an. Die gehen in der Regel so 45 Minuten. Je nach Thema kann es natürlich auch mal länger gehen. Wir bieten dann ein Thema morgens und abends an wegen den verschiedenen Zeitzonen, damit wir auch alle Kollegen weltweit grundsätzlich das Angebot machen können und erreichen können. Und wir haben dieses Jahr zum Beispiel wieder knapp 50 verschiedene Themen, was dann halt in 100 Training- oder Learning-Sessions natürlich mündet. Wir haben Tausende von Mitarbeitern, von Teilnehmern begrüßt und wir haben eben auch herausgefunden, dass ein registrierter Teilnehmer im Schnitt drei dieser Sessions besucht. Also so circa 6000 Plätze quasi vergeben werden, wenn sich 2000 Leute registriert haben für das Event. Was ist noch zu sagen? Wir legen die Termine für die Themen teilweise bewusst zeitlich parallel, sodass der Teilnehmende, die Teilnehmende sich entscheiden muss, gehe ich jetzt in dieses Thema oder in das andere Thema. Man schreibt sich einfach ein, man geht rein und man geht wieder raus. Informell, es wird nichts getrackt. Es wird auch nichts aufgenommen übrigens. Also wir machen keine Recordings. Es soll eben einfach informell bleiben. Und es kommt insgesamt sehr, sehr gut an. Und deswegen haben wir uns entschieden, das auch nächstes Jahr wieder anzubieten. Auch damit versuchen wir natürlich, dieses vorher angesprochene selbstbestimmte Lernen zu stärken. Und das dann eine ganze Woche? Oder wie lange geht das? Ja, also ich hatte glaube ich schon von einer Lernwoche gesprochen. Es stimmt, es geht tatsächlich los Montag mittags und geht dann bis Freitag spätnachmittag. Im Grunde fast eine ganze Arbeitswoche. Korrekt. Wir von der Academy sind natürlich dann vollständig beschäftigt von frühmorgens bis spätabends.

00:28:04: Björn Radtke: Du hast das Stichwort Cash. Mit dem E-Magazin da die Frage, was sind denn gerade die großen Themen, die am meisten nachgefragt werden? Ist das sowas wie Cash oder geht es doch alles in Richtung Digital und AI? Was ist da dein Eindruck? Was braucht eine Finance-Community gerade?

00:28:23: Dieter Kirschmann: Naja, beides. Also weiterhin aktuell, hochaktuell ist das Thema Learnings für S4HANA Finance. Da sind wir mit dabei als Academy. Allerdings gibt es auch eine eigene Projektorganisation, mit denen wir zusammenarbeiten in dem Feld. Das bleibt also hochbedeutsam. Dann das Thema Cashflow, hatte ich ja gerade erwähnt. Steuerungskonzept, also was sind die Spitzenkennzahlen dafür, in denen die verschiedenen Geschäfte gesteuert werden. Das ist ein ganz, ganz wichtiges Thema, was im Vordergrund steht. Dann das Thema Stärken des Entrepreneurial Mindsets von allen Beteiligten ist ein ganz wichtiges Thema. Und auch das Thema Lern- und Schulungsangebote zu Artificial Intelligence, Generative Artificial Intelligence. Nur, und das möchte ich schon der Fairness halber auch sagen, da entsteht das wenigste Originär jetzt bei uns hier in der Finance Academy. Denn das ist ja auch kein rein finanzspezifisches Thema. Bei Bosch gibt es Bereiche in der Forschung und Entwicklung und im IT-Bereich, die dort ein Projekt aufgesetzt haben, wo die Fachakademien sich daraus bedienen können, Impulse setzen können. Da profitieren wir davon. Und wir haben im Rahmen vom Finance Academy Roundtable, den ihr ja ausrichtet, mit vielen anderen Unternehmen gemeinsam einen Lernpfad zu Gen AI in Finance entwickelt. Der ist jetzt auch fertig, der kann als Unternehmen verwendet werden. Das macht mich persönlich ganz, ganz stolz, weil wir da nochmal ein spezifisches Lernangebot haben, unternehmensübergreifend entwickelt, was ich jetzt als Finance Academy eben den Kollegen im Finance-Bereich ebenfalls anbieten kann.

00:29:56: Björn Radtke: Klingt breit. Und da ist immer auch eine spannende Frage für Konzerne, die sagen, ich möchte auch so etwas wie Finance Learning machen. Wen lasse ich denn das eigentlich am besten machen? Also nehme ich einen erfahrenen Finanzer, der eine gewisse Affinität zu Learning und HR-Themen hat. Oder nehme ich lieber einen soliden HRler und Learning and Development Experten und lasse den mal Finanzen verstehen?

00:30:24: Dieter Kirschmann: Ja gut, da bin ich voreingenommen, einfach auch aufgrund meines eigenen Werdegangs. Ich komme ursprünglich aus dem Controlling in verschiedenen Funktionen und auch in verschiedenen Bereichen und Ebenen des Unternehmens. Ich bin deshalb, aber da kann man immer drüber diskutieren, grundsätzlich der Meinung, dass eine Fachakademie in der jüngeren Funktion die beste Lösung ist. Und die sollte auch zuvorderst mit den entsprechenden Fachexperten besetzt sein. Das ist meine persönliche Meinung. Warum? Weil ich natürlich mit dem, was ich davor gemacht habe, Teil dieser Finance Community bin und deren Sprache spreche. Ich habe damit natürlich gleichzeitig ein Stück weit immer auch noch Kompetenz oder Skills aufzubauen, zum Thema Learning, weil ich eben nicht der Experte in Didaktik und so weiter bin, aber das kann man lernen. Ich würde deswegen sagen, wenn ich jetzt jemanden vom HR-Bereich reinhole zu Sales oder zu Finance oder zu Logistik, dann wird sich so eine Person am Anfang natürlich in dem, was die Person kann, einfach tun, aber in dem fachspezifischen, auch was die Fachsprache anbelangt, wahrscheinlich eher schwer tun. Und es ist schon von Vorteil, wenn man sein Netzwerk hat und einer aus der Community ist. Man kennt sich. Bei uns in der Finance Academy ist allerdings so, dass ich eben auch jemanden in dem kleinen Team habe, die ursprünglich aus dem HR-Bereich kommt. Und so, glaube ich, wird eine runde Sache draus, auch wenn es für die Person gar nicht so einfach war, am Anfang da reinzukommen, ja. dass man ein diverses Team hat und unser Team ist Gott sei Dank einigermaßen divers und dann ergänzt sich das wunderbar. Und das würde ich jederzeit wieder so machen wollen. Für mich war es von Vorteil im Zusammenhang mit dem Aufbau der Finance Academy und jetzt auch mit dem Betrieb und der Weiterentwicklung, dass ich vom Fach komme. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

00:32:16: Björn Radtke: Ja, habe ich auch häufig erlebt, diesen Effekt, den du gerade beschreibst. Lass uns mal überlegen, wie man so einer riesen Herausforderung begegnet, die wir zumindest immer wieder hören, nämlich Menschen, die sagen, ihr habt ja recht, wir müssten ja eigentlich viel mehr lernen, aber ich habe ja dummerweise keine Zeit. Dann ist immer die Frage, ist das jetzt irgendwie, fehlt es am Impuls vom Vorgesetzten? Fehlt da am Ende doch eine Erkenntnis oder ist das, was man anbietet, nicht spannend genug? Also es gibt ja tausend Fragen und man kann sagen, wie kann ich dem denn begegnen? Wie ist denn deine Erfahrung damit?

00:32:50: Dieter Kirschmann: Also Björn, das ist eine ganz, ganz schwierige Frage. Ich kann da nur persönlich darauf antworten. Ich denke, es ist eine Frage des berühmten Mindsets. Wir alle müssen begreifen, wenn wir in den sogenannten – und die sind ja da – dynamischen, disruptiven, transformativen Zeiten leben, dann bleibt derjenige, der sich nicht bewegt, zurück. Und am Ende... verliert man vielleicht auch ein Stück weit seine Employability, die Attraktivität, die man eben einbringt mit seinem Können. Das ist in Zeiten, in denen diese Veränderungen nicht so fulminant stattfinden, vielleicht nicht so wichtig, dass man sich bewegt. Deswegen glaube ich, fängt es bei jedem selbst an. mit dem Mindset zu sagen, ja, ich muss mich auf den Weg machen. Und ja, ich kann auch mal vielleicht etwas lernen, was sich im Nachhinein als nicht besonders förderlich herausstellt. Das ist nun eben das Risiko. Aber man lernt ja beim Lernen. Wenn man jetzt in den Arbeitsalltag schaut, dann gibt es natürlich genügend Hinweise, Tipps, Methoden, wie man sich vielleicht auch einfach Freiraum schafft als Arbeitnehmender, um zu lernen. Und das sollte man eben tun und auch einfordern. Und ich habe es, glaube ich, vorher schon erwähnt, selbstverständlich sind vorgesetzte Leader aufgerufen, zu sagen, bei allem, was da zu arbeiten ist, ich räume meinen Leuten die Zeit ein, damit sie lernen können. Ob ich das einfordern muss, dass sie lernen, weiß ich nicht, ob das sehr wirksam ist. Ich vermute mal eher nicht. Aber ich kann natürlich auch als Vorbild, das hatte ich auch schon erwähnt, fungieren. Und wenn meine Leute eben sehen, dass mir Lernen wichtig ist und ich neugierig bin und auch lernen möchte, vielleicht auch teile, dann steckt das vielleicht auch ein bisschen an und motiviert dann eben die Leute. Also eine ganz schwierige Frage. Ich würde nicht immer auf den großen Hinweis warten, jetzt lernt mal, weil wir müssen lernen, sondern das fängt wirklich bei jedem Einzelnen selbst an, das Bewusstsein, dass es erforderlich ist und sich dann auch einfach die Zeit nehmen.

00:35:02: Björn Radtke: Kann ich gut nachvollziehen. In Richtung Finance Transformation, das ist auch noch eine Frage. Wir hatten das ganz am Anfang mal im Sinne von, ist das jetzt eigentlich so eine Academy etwas, was Teil einer Transformationsinitiative ist oder ist das etwas, was ich ständig habe? Wie ist da eure Rolle? Seid ihr auch der Change Part in einer Finanztransformation, du hast das Stichwort S4 beispielsweise, wie muss man sich das vorstellen?

00:35:30: Dieter Kirschmann: Ja, also ich fange mal so an. Wir sind organisatorisch in der Konzernzentrale, in der Finanzfunktion aufgehängt und haben damit unmittelbar Kontakt zu dem Group CFO und der leitenden Ebene darunter. Und deswegen haben wir auch, denke ich, einen sehr engen Bezug zu dem, was da transformationstechnisch angegangen wird. Und immer dann, wenn es zum Thema Enabling kommt, sind wir natürlich dabei. Und Enabling hat immer auch ein Stück weit, wie soll ich sagen, natürlich einen Change-Aspekt drin, den wir dann auch mit abdecken. Auch wenn das Enabling ganz klar im Fokus steht. Und es betrifft grundsätzlich Transformation. Alle Themen. Wir sind aber nicht Teil eines Transformationsprojektes. Das sind wir nicht, wenn das die Frage war, sondern wir sind eine, wie soll ich sagen, Betriebsakademie, die allerdings jetzt immer mehr in die Projekte sozusagen eingebunden wird und Projektgeschäft macht. Das heißt, wir entwickeln Enabling-Konzepte mit Zielgruppen, Personas, mit Lernprodukten, entwickeln die, packen die zu Lernpfaden zusammen und rollen die aus und verstetigen sie dann. Und da gehört immer Change und auch ein Stück weit Kommunikation dazu.

00:36:42: Björn Radtke: Zwei Fragen hätte ich noch, Dieter, die mir am Herzen liegen. Das eine, wenn jetzt jemand inspiriert uns zuhört und inspiriert zuhört und sagt, sowas will ich auch machen. Das heißt, ich will meine Finance Academy aufbauen. Jetzt leben wir in Zeiten, wo nicht jeder richtig viel Geld in die Hand nehmen möchte gerade. Was ist denn so dein Tipp für Menschen, die sagen, jetzt unsere Finance Community bräuchte das auch mal. Wir haben jetzt aber auch nicht wahnsinnig viel Geld. Wo fange ich denn dann an?

00:37:16: Dieter Kirschmann: Also ich würde mir erstmal einen Auftrag geben lassen. Ich denke, das ist ganz, ganz wichtig mit einer klaren Zielsetzung. Und dann braucht es meiner Meinung nach vor allem Dedicated Capacity. Also es muss Leute geben, die den Aufbau und den Betrieb einer solchen Academy, unabhängig jetzt ob in Finance oder im Personalbereich oder wo auch immer, Das ist kein Teilzeit- oder Nebenherjob. Das haben übrigens auch in dem Roundtable einige Unternehmen, die solche Academies in den letzten Jahren aufgebaut haben, ja auch gefeedbackt, wenn du dich erinnerst. Das heißt, ich muss Kapazität spendieren. Das sind zunächst mal Aufwendungen, Personalaufwendungen, die sich ja aber dann auszahlen, weil sie im Grunde in dieses Enabling der Community sozusagen einzahlen und damit ja auch das operative Geschäft unterstützen mit entsprechender Expertise. Ich bin der Auffassung, aber ich komme auch aus dem Controlling, dass man auch in guten Zeiten selbstverständlich so eine Academy möglichst ressourcenschonend, also effizient und natürlich auch mit dem, was man tut, wirksam betreiben sollte. In besseren Zeiten mag dann natürlich auch das Geld ein bisschen lockerer sitzen als in nicht so guten wirtschaftlichen Zeiten. Aber man kann eben intern mit dem, was da ist, an Know-how oder auch an Lernplattformen, die ja eine Funktionsakademie nicht unbedingt zu verantworten hat, kommt vielleicht auch ein bisschen auf die Größe des Unternehmens an, kann man schon sehr, sehr viel erreichen. Also ich muss vielleicht gar nicht so viel Cash-Out befürchten. Je nach den vorhandenen Rahmenbedingungen im Unternehmen. Beim Aufbau und Betrieb einer Academy, es ist ja vielleicht schon eigentlich eine Lernstruktur da, was sich nur mit Inhalten sinnvoll befüllen muss. Und by the way, da sind wir uns nicht drauf eingegangen, ist aber auch gar nicht schlimm, um Gottes Willen. Wir tun zum Beispiel unsere Finance Academy Bosch intern mit Kollegen, mit internen Trainern und Trainerinnen. Betreiben soll heißen, dass Webinare von uns zum Beispiel mit Kollegen und Kolleginnen rund um die Welt durchgeführt werden. Und in dem Fall bei uns jetzt nicht explizit mit externen Trainern, die halt natürlich auch wieder arbeiten. verdientermaßen bezahlt werden müssten. Man muss nicht immer gleich ein Cash-Out denken. Man kann eine Struktur sinnvoll nutzen, die da ist.

00:39:30: Björn Radtke: Klingt gut. Danke dir. Letzte Frage. Wir sind kurz vor Weihnachten. Da ist Zeit, sich was zu wünschen. Diesmal nicht für dich selbst, sondern für deine Finance Academy. Was sind deine Wünsche für 2025, wenn du mal träumen kannst in der Academy?

00:39:46: Dieter Kirschmann: Ja, Träume habe ich viele. Ich würde mir wünschen, dass die Awareness, dass Lernen einen wesentlichen Beitrag zu einer erfolgreichen Transformation beitragen kann, die es unterstützen kann, dass die weiterhin bestehen bleibt, auch einen gewissen Nachdruck erfährt, funktionsübergreifend, aber eben auch für die Finance-Funktion. Was würde ich mir noch wünschen? Ich würde natürlich gerne, obwohl ich meinen smarten Praktikanten gefragt habe, schon gerne wissen, was in zwei, drei Jahren gebraucht wird. Aber was ich auf jeden Fall weiß und was ich mir wünsche für mich und mein Team ist, ist, dass wir die bevorstehenden Transformationen der Academy, die wir uns für nächstes Jahr vorgenommen haben, dass wir die auf jeden Fall erfolgreich abschließen, damit wir dann ab 2026 in einem ganz anderen neuen Gewand dann entsprechend unterstützen können. Das ist ein großer Wunsch. Und was ich mir auch wünsche, ist, dass wir immer einen Beitrag dazu leisten, unsere Kolleginnen und Kollegen weiterhin gut auszubilden. Denn ich denke, bei aller Technik, die sehr wichtig ist, keine Frage, dass am Ende die Mitarbeitenden den Unterschied ausmachen.

00:40:50: Björn Radtke: Das ist ein schönes Schlusswort. Dieter, ganz herzlichen Dank. Hat Spaß gemacht. Wir haben es ja vorne angedroht, dass wir uns dann in zehn Jahren auch wieder hören und sagen, wie war es denn dann tatsächlich, nachdem wir uns gefragt haben, wie könnte es denn in zehn Jahren aussehen?

00:41:06: Dieter Kirschmann: Ja, sehr gerne, Björn. Dir vielen Dank und bis bald.

00:41:11: Podcast: Das war unsere erste Folge im neuen Jahr und ich hoffe, das Gespräch hat Sie motiviert, im People Development zielstrebig und mit Elan voranzugehen. Wenn Ihnen diese Episode gefallen hat, abonnieren Sie Zielführung starten jetzt in Ihrer Podcast-App, um keine weitere Folge zu verpassen und die früheren nachzuhören. Wenn Sie den Podcast fördern möchten, geben Sie eine Empfehlung. Es würde uns freuen, noch mehr Menschen zu erreichen und Sie für die Unternehmenssteuerung zu interessieren. Vielen Dank.

00:41:54: Podcast: Das war "Zielführung starten", der Management-Podcast von CTcon.

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