Einblicke in den Einzelhandel – Performance Management bei Valora

Shownotes

Fragen:

Wie wirken sich preisbewusste Kunden und das wachsende Online-Shopping auf das Geschäftsmodell aus?

Welche Strategien werden angewendet, um Kundenfrequenz und Durchschnittsbon hochzuhalten? (z.B. neue Sortimentsbausteine, schnellere Sortimentswechsel, gezielte Kampagnen, Kundenerlebnisse, Service Add-ons)

Welche Rolle spielt das Controlling in herausfordernden Marktbedingungen?

Welche Controlling-/Steuerungsinstrumente sind besonders wichtig? (z.B. Reporting, Spezialanalysen, Simulationen)

Wie stark kann das zentrale Controlling die Performance des aktuellen Monats beeinflussen?

Welche Balance zwischen dezentraler Flexibilität und zentralen Standards ist vorteilhaft?

Was hat sich seit der Übernahme durch FEMSA verändert, sowohl inhaltlich als auch kulturell?

Wie unterstützt die neue Eigentümerin die Transformation?

Was hat sich in Bezug auf Steuerung und Performance Management verändert?

Wie wird mit dem Trend „Cash is King" umgegangen und welche Maßnahmen werden im Bestandsmanagement und der Liquiditätsplanung ergriffen?

Wie werden digitale Methoden und Datenanalyse genutzt, um z.B. Predictive Forecasts zu erstellen oder Muster zu erkennen?

Welche fachlichen und sozialen Kompetenzen müssen Controller mitbringen?

Was macht den Job als Leiterin Retail Controlling und Mitglied im „Extended Group Leadership Team" so spannend und abwechslungsreich?

Weiterführende Links:

Valora ist die führende Foodvenience-Anbieterin - Valora

„Quick-Check Reporting: Schnell zur besseren Steuerung" (Daniel Brinkert und Sjard Hammer, Whitepaper, 2025)

„Eine datengetriebene Steuerung ist heute möglich" Christian Bungenstock im Dialog mit Utz Schäffer, Controlling & Management Review, Ausgabe 4/2024, Seite 8-15)

„Den Frischebereich mit Analytics optimieren" (Sjard Hammer, Andreas Rauh und Thorsten Schäfer, Whitepaper, 2023)

Management-Podcast von CTcon (Folge 12): Unternehmenssteuerung im Wachstum - im Gespräch mit dem Co-CEO und CFO von On Running

„Trends im Sortiment mit Analytics erkennen" (Rainer Gerdemann, Sjard Hammer, Whitepaper, 2023)

Transkript anzeigen

00:00:09: Podcast: Zielführung starten - der Management-Podcast von CTcon.

00:00:22: Christian Bungenstock: Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von Zielführung starten, dem Management-Podcast von CTcon. Mein Name ist Christian Bungenstock, ich bin Partner bei CTcon in Düsseldorf und ich freue mich, Sie als Gastgeber zu begrüßen. Heute sprechen wir über erfolgreiches Performance Management im Retail. Am Beispiel von Valora erörtern unsere Experten, wie das Geschäftsmodell proaktiv gesteuert werden kann und welche Strategien zur Kundenbindung beitragen. Markttrends wie Cash Management, Digitalisierung und KI sowie der Beitrag des Controllings zur Entscheidungsfindung sind dabei genauso Thema wie künftige Anforderungen an die Controller. Unsere Experten sind heute Regina Malz und Sjard Hammer. Regina Malz ist Head of Retail Controlling und Mitglied im Extended Management Team von Valora. In dieser Rolle begleitet sie die Einzelhandelsaktivitäten in der DACH-Region und in Luxemburg. Valora ist ein bekannter Akteur in der Lebensmittelbranche und im Einzelhandel mit Sitz in Muttenz in der Schweiz. Regina war zuvor Unternehmensberaterin und viele Jahre bei CTcon tätig. Sie hat eine breite Expertise und Erfahrung in Unternehmenssteuerung, im Controlling und im Handel. Sjard Hammer ist Partner bei CTcon in München. Er berät seit 2004 führende Konzerne in Unternehmenssteuerung und Performance Management. Als Leiter der Competence Center „Steuerungslogik“ und „Commerce“ übersetzt er strategische Ziele in Steuerungsobjekte, Prozesse und Kennzahlen. Sjard legt viel Wert auf die Integration von Strategie, Steuerung und Governance und treibt das Performance Management und die Transformation voran. Freuen Sie sich auf dieses Gespräch und gewinnen Sie wertvolle Einblicke für Ihren Arbeitsalltag.

00:02:09: Sjard Hammer: Hallo Regina, ich freue mich sehr, dich heute hier zu sehen und mit dir über Performance Management im Retail zu sprechen. Retail empfinde ich ja schon immer als super spannende Branche, weil auf der einen Seite ist es sehr, sehr fassbar. Natürlich hat man Einblicke in die Geschäftsprozesse und sieht, was hinter den Kulissen läuft, aber auf der anderen Seite bist du ja auch immer Kunde und kannst sehr schnell erkennen, welche Ideen im Markt gut funktionieren und welche du als Kunde als weniger gelungen empfindest. Man merkt auch, dass die Händler in einem sehr wettbewerbsorientierten Umfeld agieren. Es ist eine super dynamische Branche. Margen sind klein, die Dynamik ist hoch. Ich glaube, da gibt es viel zu tun. Man muss experimentieren und schauen, wo man noch Verbesserungen erzielen kann. Daher ist es spannend, die Branche zu betrachten. Wir haben zwei alte Handelsweisheiten, auf die wir uns beziehen: Die eine ist „Handel ist Wandel“ und die andere ist „Retail ist Detail“. Vielleicht kannst du gleich noch sagen, wie diese beiden Grundsätze dich auf deinem Weg begleiten. Erzähl doch vielleicht mal ganz kurz etwas über dich und diese zwei Grundsätze.

00:03:19: Regina Malz: Ja, danke, Sjard. Ich freue mich auch sehr, dass wir heute hier zusammengekommen sind. So ein Podcast aufzunehmen ist eine willkommene Abwechslung zum normalen Controlling-Alltag. Vorweg noch ein paar Worte zu mir und meiner Laufbahn sowie meiner Leidenschaft für den Retail. Ich bin nun über elf Jahre bei Valora, aktuell als Head of Retail Controlling. Elf Jahre, das ist schon eine lange Zeit. Ich kann dir sagen, dass ich mit Valora und im Controlling durch viele Höhen und Tiefen gegangen bin. Es war und ist eine unglaublich spannende Zeit, in der ich viele prägende Erfahrungen gemacht habe. Du hast die zwei Sprichwörter erwähnt, die mich begleiten: „Handel ist Wandel“ und „Retail ist Detail“. Diese beiden treffen zu tausend Prozent auf den Retail und auch auf Valora zu. Man muss beides lieben und eine Leidenschaft dafür haben, dann kann man im Retail und bei Valora viel lernen und bewegen. Das ist es, was mir und vielen anderen unglaublich Spaß macht.

00:04:29: Sjard Hammer: Ihr seid ja vor allem Kleinflächen-Retailer an besonders hochfrequentierten Standorten. Vielleicht erzählst du noch kurz, welche Formate ihr habt und wie viele Points of Sale (POS) ihr aus eurem Controlling-Bereich betreut. Dann bekommt man ein Gefühl für die Dimensionierung.

00:04:43: Regina Malz: Wir betreuen vier Länder: Deutschland, Schweiz, Luxemburg und Österreich. Wir haben über 2000 POS, die wir betreuen. Wir haben sechs Warengruppen: Food, Non-Food, wie wir es nennen, da sind viele Geschenkkarten, Souvenirs und andere Non-Food-Artikel dabei. Wir haben Tabak, Presse und Buch sowie Dienstleistungen wie Lotto, E-Service, Ticketing und so weiter. Wir haben im Wesentlichen drei verschiedene Marken: K-Kiosk, das ist der Kiosk-Bereich in Deutschland, auch mit Zico, mit der Marke. Wir haben Convenience, das sind AWEC oder auch U-Stores, die wir mit der Hochbahn zusammen betreiben, sowie SSDBs, die wir mit der Bahn zusammen betreiben. Und wir haben P&B, das sind die klassischen Bahnhofsbuchhandlungen, die die meisten in Deutschland kennen, an Hauptbahnhöfen und Flughäfen. Insgesamt haben wir damit ein sehr komplexes Umfeld, das wir mit eigenen Standorten, Franchise-Standorten und auch im Agentur-Modell betreuen und betreiben.

00:05:45: Sjard Hammer: Lass uns doch direkt ins Geschäftsmodell und ins Marktumfeld einsteigen. Wir haben darüber gesprochen, wo ihr lokalisiert seid. Die Arbeitswelten haben sich ja bereits verändert. Die wirtschaftliche Großwetterlage ist auch beim Kunden angekommen. Die Kunden öffnen nicht mehr so einfach ihre Portemonnaies, und der deutsche Kunde ist als sehr preissensibel bekannt. Auch das Online-Shopping-Thema wächst. Wie geht ihr mit diesen Rahmenbedingungen um?

00:06:10: Regina Malz: Der Kunde steht immer im Mittelpunkt bei uns. Alles, was wir machen, dreht sich um die Bedürfnisse des Kunden. „Kleines Glück unterwegs“ ist das Motto, das wir bei Valora haben. Das geht in alle Richtungen. Wir sind mit Foodvenience, wie wir die Ausrichtung nennen, also einem klaren Fokus auf Food und Convenience und den Alltagsbedürfnissen, klar ausgerichtet. Das Business an sich ist hochdynamisch, da die Kunden, und das sind wir Menschen, auch hochdynamisch in ihren Bedürfnissen sind. Wenn du dich beim Einkaufen selbst beobachtest und du bist ein gutverdienender Mann oder Papa, der voll im Berufsleben steht, dann hast du wahrscheinlich bestimmte Bedürfnisse, die eher Standard sind, wie dein Coffee to go, den du morgens auf dem Weg zur Arbeit holst, oder das Sandwich. Aber du willst auch viel Abwechslung haben. Es soll nicht langweilig werden, du hast Lust auf Neues oder möchtest überrascht werden mit Aktionen oder anderen Themen. Es gilt, dem Kunden diese Vielfalt zu bieten, sowohl im Sortiment als auch in der Umgebung des Ladens. Der Preis ist ein schwieriges Thema. Wir testen hier viel, insbesondere an Auswertungsmöglichkeiten. Wenn wir die Preise erhöhen, wie entwickeln sich die Elastizitäten? Wie verändert sich die Menge? Viel wichtiger aus meiner Sicht ist jedoch das Einkaufserlebnis des Kunden. Es geht um die Gestaltung des Ladenbaus, um Annehmlichkeiten für den Kunden, wie zum Beispiel Self-Checkout-Terminals, die zeitsparend sind. Es geht auch um Omnichannel und 24/7-Verfügbarkeit. Das sind die Themen, die im Fokus stehen.

00:07:57: Sjard Hammer: Erzähl uns doch mal eine kleine Anekdote. Was sind denn so die typischen Topseller oder Kombis, die bei euch im Kiosk-Bereich maßgeblich gekauft werden?

00:08:07: Regina Malz: Eine Anekdote, die ich sehr gut erzählen kann, betrifft die Einführung von Vending Machines. Das bestverkaufte Produkt sind Schwangerschaftstests, besser als Energydrinks oder Wasser. Ich weiß nicht, ob ich da zu naiv war oder zu wenig darüber nachgedacht habe, aber das hat mich sehr überrascht.

00:08:29: Sjard Hammer: Und die Vending Machines sind ja nicht in euren Shops, sondern in öffentlichen Bereichen oder vor den Shops, oder?

00:08:33: Regina Malz: Genau, oder an Orten, wo kein Shop von uns dabei ist.

00:08:38: Sjard Hammer: Ganz am Anfang, als ich dem Retail näher kam, war das Thema immer Kundenfrequenz und Durchschnittsbon. Jetzt hast du sehr stark betont, dass das Erlebnis im Shop, die Gestaltung des Ladenbaus und so weiter, das ist eigentlich das, was die Leute anzieht und sagt: „Mensch, da möchte ich gerne bei euch shoppen gehen oder das kleine Glück für den Tag einfangen.“ Lass uns weitergehen. Wenn wir von der Marktsicht jetzt gekommen sind, du bist im Controlling tätig. Was sind denn ganz wichtige Themen, bei denen ihr als Controlling zum Unternehmenserfolg beitragen könnt? Was ist eure Rolle dort? Und welche Instrumente sind auch wichtig? Das waren jetzt viele Fragen auf einmal. Lass uns das gleich mal ein bisschen aufschlüsseln. Aber die spannende Frage ist: Wie tragt ihr als Controlling bei, im Category Management, im Laden, aber auch bei Zentralfunktionen wie dem Einkauf, euren Beitrag zu leisten?

00:09:30: Regina Malz: Controlling ist sehr vielfältig. Zum einen müssen wir natürlich Corporate-Anforderungen erfüllen. Das heißt, wir sind ein Konzern, der zusammengehalten werden muss. Ich bin für die Business Unit Retail verantwortlich. Wir haben noch andere Business Units. Diese Anforderungen sind mit der Übernahme durch FEMSA gestiegen. Das ist die eine Seite. Die andere Seite sind die Business-Anforderungen, und das ist das, was mir am meisten Spaß macht. Da kommt das Sprichwort „Retail ist Detail“ zum Tragen. Zum Beispiel werten wir gerade Backwarenumsätze pro POS und pro Stunde aus. Es geht im Wesentlichen darum, Foodwaste zu verringern. Diese Informationen stellen wir den Salesmanagern zur Verfügung, um die Steuerung des einzelnen POS zu unterstützen. Hier wird klar, dass am POS das Ergebnis erzielt wird, und man muss in diese Details einsteigen, um die Steuerung entsprechend gewährleisten zu können.

00:10:23: Sjard Hammer: Kurze Rückfrage: Stellt ihr das zentral zur Verfügung, sodass jeder denselben Standardbericht erhält, oder kann sich ein Store-Manager auch etwas zusammenstellen und sagen, er möchte da tiefer gehen oder sich etwas anschauen? Wie läuft das vom Prozess her?

00:10:37: Regina Malz: Wir waren lange Zeit mit Excel-Reports unterwegs. Wir haben jetzt einen großen Schritt gemacht, um das alles dynamischer aufzubauen und umzustellen. Das hat wie immer Vor- und Nachteile. Meine Meinung ist, wenn ein Sales Manager oder Store Manager zu viel selbst zusammenstellen kann, macht er das in der Regel auch besser, verliert aber auch Zeit, um am POS für die Kunden da zu sein und den POS zu optimieren. Wenn er sich mit anderen Salesmanagern oder Storemanagern unterhält, ist nicht sichergestellt, dass die Zahlen die gleichen sind. Ein guter Mittelweg zwischen voll dynamisch und voreingestellt ist, glaube ich, das Richtige, was man heutzutage den Leuten am POS bieten sollte.

00:11:24: Sjard Hammer: Jetzt haben wir über Reporting gesprochen. Macht ihr Spezialanalysen? Wie muss man sich das vorstellen? Wie sehen diese aus? Wie tief geht ihr? Du hattest auch wieder „Retail ist Detail“ gesagt. Macht ihr die regelmäßig? Dann interessiert mich natürlich auch noch der Planungsprozess.

00:11:38: Regina Malz: Im Reporting haben wir alles dabei, was irgendwie geht. Wir haben einen Daily Sales Report, das ist eines unserer wichtigsten Tools. Der geht voll automatisiert raus. Wir haben Monatsberichte, um das Monatsergebnis zu hinterlegen. Ja, wir haben alles zwischendrin. Wir haben Wochenberichte und stellen jetzt gerade einen Monatsbericht auf einen Wochenbericht um, um noch enger steuern zu können. Wir haben Berichte für das Category Management, für den Vertrieb und für die ganzen Overhead- oder Serviceeinheiten, also im Marketing haben wir auch separate Berichte. Wir haben eine riesige Reporting-Landschaft aufgebaut, fast schon zu viel. Wir sind eher dabei, etwas zu reduzieren und zu fokussieren. Wichtig ist mir immer, dass wir nicht einfach einen Report rausschicken, sondern dass wir in dem Report schon zeigen, worauf es ankommt. Das heißt, entsprechend sortieren, markieren, mit Farben hinterlegen und klar zeigen, dass da ein Problem ist, sodass der Adressat dann auch entsprechend agieren und Maßnahmen festlegen kann. Zum Planungsprozess: Ein sehr spannendes Thema. Wir haben lange Zeit bottom-up jeden einzelnen POS geplant. Seit etwa fünf Jahren haben wir auf eine Top-Down-Planung umgestellt. Das heißt, wir planen nicht mehr jeden einzelnen POS. Ich plane mit dem Management die großen Entwicklungen und Projekte, die wir dann auf eine gewisse Ebene legen. Das sind bei uns im Moment die Business Units. Dann stimmen wir die Planung ab und im Nachgang brechen wir nur bestimmte steuerungsrelevante KPIs auf die POS herunter.

00:13:17: Sjard Hammer: Arbeitet ihr in der Top-Down-Planung mit Szenarien und Treibermodellen, oder wie muss man sich das vorstellen?

00:13:26: Regina Malz: Ja, auch da können wir uns immer noch weiterentwickeln. Wir haben noch nicht das Optimum gefunden. Aktuell ist es in der Tat eine Excel-Planung. Da haben wir verschiedene Diskussionsrunden, in denen ausbalanciert wird, was herauskommt, wenn wir dieses Projekt so einstellen, was herauskommt, wenn wir die Marge ändern oder den Same-Store-Index ändern. Da testen wir viel und brauchen auch immer noch recht lange, obwohl wir auf Top-Down umgestellt haben. Das liegt aber eher daran, dass das gesamte Geschäftsmodell doch sehr komplex ist, wie ich am Anfang gesagt habe: verschiedene Marken, verschiedene Business Units, verschiedene Warengruppen und verschiedene Betreibermodelle. Das muss separat in der Planung betrachtet werden.

00:14:09: Sjard Hammer: Wie ist es aus dem Controlling heraus, wenn ich mir die monatliche Performance anschauen möchte? Ihr macht Tagesreports und Wochenberichte. Könnt ihr noch eingreifen, wenn ihr merkt, dass in der ersten Dekade des Monats etwas nicht läuft? Kommt dann der Impuls aus der Zentrale, dass nachgesteuert werden muss, und ihr versucht, zentral Aktionen zu fahren? Oder obliegt es dann letztlich dem Store Manager, das monatliche Ergebnis einzufahren und die richtigen Aktionen zum richtigen Zeitpunkt zu fahren? Wie ist da das Verhältnis zwischen Impulsen geben oder Vorgaben vorgeben, was noch zu tun ist, um das Monatsergebnis abzustützen? Vielen Dank.

00:14:48: Regina Malz: Im Wesentlichen kommt es zentral. Wir haben den Überblick über die Zahlen. Wir sehen anhand der Reports, wo gerade etwas schief läuft oder auch gut läuft. Dann werden entsprechende Maßnahmen aufgesetzt, die teilweise auch zentral erfolgen und an die POS weitergegeben werden. Im Moment analysieren wir sehr stark Food. Wir haben das Bestandsthema, das draußen am POS ist, was wir uns anschauen. Da wird viel zentral analysiert, um dann über den Weg des Sales Managers zum Store Manager die Maßnahmen umzusetzen.

00:15:24: Sjard Hammer: Kommen die Store Manager manchmal auch mit Ideen zu euch oder sagen: „Diesen Report bräuchte ich, um meinen Laden vor Ort noch besser steuern zu können“? Gibt es diese Weiterentwicklung?

00:15:33: Regina Malz: Ja, die Sales Manager kommen sehr oft. Wir sind da im engen Austausch, was mir auch wichtig ist. Wir sind Business Controlling und für das Business da. Mit den nationalen Verkaufsleitern und den Verkaufsleitern, die für die einzelnen Stores verantwortlich sind, sind wir sehr eng im Austausch. Genauso gilt das für das Category Management. Auch die Verantwortlichen für die einzelnen Warengruppen kommen zu uns und sagen: „Hey, das sollten wir nochmal anschauen, habt ihr dazu Daten? Lasst uns eine Auswertung machen.“ Wir sind sehr eng im monatlichen Austausch mit den einzelnen Managern, und ich glaube, nur so funktioniert es auch wirklich.

00:16:11: Sjard Hammer: Seit Herbst 2022 habt ihr eine neue Eigentümerin mit FEMSA. FEMSA ist in Mexiko beheimatet und dort sehr erfolgreich in Lateinamerika, neben dem Kleinflächenretail auch in der Drogeriekette tätig. Allein die Größe von FEMSA, wenn man sich die Finanzkraft und die personelle Ausstattung anschaut, ist ein starker Kontrast zur Valora Group, wie sie damals eigenständig unterwegs war. Ich bin Unternehmenssteuerer und frage mich natürlich, was sich kulturell und inhaltlich verändert hat.

00:16:41: Regina Malz: Ich muss ehrlich sagen, als ich gehört habe, dass wir übernommen werden, war ich mit gemischten Gefühlen unterwegs. Zum einen hat man eine neue Mutter, die bestimmte Erwartungen hat. Sie haben uns gekauft und wollen, dass ihr Deal aufgeht. Zum anderen hat man aber auch eine neue Mutter, die ganz andere Unterstützungsmöglichkeiten für uns hat. Für uns im Controlling hat sich viel verändert, weil vieles schneller gehen muss. Zum Beispiel machen wir den Monatsabschluss jetzt in der Hälfte der Zeit wie vorher. Das ist eine deutliche Veränderung für die Finanzabteilung und für uns. Es funktioniert aber auch, wir haben das gut hinbekommen. Zudem sind wir auf Expansionskurs und haben mit FEMSA ganz andere Möglichkeiten, Investitionen zu tätigen, und werden da auch sehr unterstützt. Das ist für das Controlling in meinem Bereich unglaublich spannend, weil wir viele Möglichkeiten haben und zu jedem Business Case rechnen müssen. Kulturell ist es eine Umstellung, da wir mit den Ländern Schweiz, Deutschland, Luxemburg und Österreich lange Zeit nur im deutschsprachigen Raum unterwegs waren. Es ist eine Umstellung für alle, jetzt auch etliche Meetings auf Englisch zu machen. Es ist auch eine Umstellung, dass viele aus Mexiko zu uns kommen und wir auch öfter in Mexiko sind. Da haben wir viel Austausch mit dem Mutterunternehmen FEMSA, das sehr professionell aufgestellt ist, und wir können viel voneinander lernen. Meine gemischten Gefühle vom Anfang haben sich in die Richtung gewandelt, dass ich die Unterstützung, sei es durch zusätzliches Lernen oder durch die Finanzkraft von FEMSA, sehr positiv schätze.

00:18:40: Sjard Hammer: Lernt man voneinander durch Prozesse, wie das laufen kann, oder geht man auch so weit rein bis in die operative Steuerung, wo man sagt: „Mensch, lass uns doch auch mal andere Kategorien im Sortiment ausprobieren. Das funktioniert in anderen Ländern gut. Warum sollte es nicht auch im deutschsprachigen Raum funktionieren?“

00:18:57: Regina Malz: Es ist alles. Wir haben uns die Vertriebssteuerung zusammen angeschaut, haben da viel voneinander gelernt, auch reportingseitig. Wir haben uns Produkte, Promotionen und Aktionen zusammen angeschaut. Es ist ein gegenseitiges Lernen auf jeder Ebene. Es geht so weit, dass wir einige Mitarbeiter von FEMSA fest bei uns angestellt haben, die uns in Systemen unterstützen, die sie bereits vor Ort haben, in Prozessen, die sie erfolgreich umgesetzt haben, und uns diese aufzeigen. Gemeinsam entscheiden wir, ob diese für Europa, was ja eine andere Kultur ist, umsetzbar sind.

00:19:38: Sjard Hammer: Machen wir wieder einen inhaltlichen Schwenk. Wir erleben aktuell zwei Trends bei unseren Retail-Klienten. Das eine ist „Cash is King“.

00:19:47: Regina Malz: Wer kennt es nicht?

00:19:48: Sjard Hammer: Wer kennt es nicht? Auch wieder so eine alte Weisheit. Traditionell schaut der Handel eigentlich lieber auf die GuV und vor allem auf die Topline und den Rohertrag. Cash- und kapitalorientierte Kenngrößen sind traditionell eher stiefmütterlich behandelt worden. Das verändert sich aber gerade. Bestandsmanagement rückt stark in den Fokus, Liquiditätsplanung sind alles Themen, die wir jetzt merken, die deutlich enger diskutiert werden und sich inhaltlich viel stärker mit den anderen Finanzinstrumenten verzahnen. Erlebst du das auch?

00:20:20: Regina Malz: Ja, ich muss sagen, ich persönlich bin eher ein EBIT-Kind, sage ich immer. Ich bin mit EBIT groß geworden und habe mit der Verbesserung des EBITs auch meine Karriere gestartet und geführt. In letzter Zeit, eigentlich schon in den letzten Jahren, ist NWC ein großes Thema. Liquiditätsplanung machen wir auch monatlich, teilweise sogar wöchentlich. Aktuell, bezüglich NWC, sind wir vor allem in der Bestandsoptimierung, die wir gerade automatisieren. Da gibt es viele Möglichkeiten, und da hilft uns auch FEMSA viel. Insgesamt sind wir bei dem Thema „Cash is King“ noch in der Diskussion, und es gibt noch viel Luft nach oben. Aber ich glaube, wir haben schon einige solide Pfeiler eingeschlagen und sind dran. Es ist aber nach wie vor so, und da kann ich nur von mir persönlich sprechen, dass EBIT für mich immer noch das Wichtigste ist. Worauf ich als erstes schaue. NWC ist natürlich auch ein Thema, das wir künftig viel mehr in den Fokus rücken.

00:21:26: Sjard Hammer: Die Anwendung und stärkere Durchdringung von Methoden, die stark auf digitalen Möglichkeiten basieren, ist das zweite Thema. Ich hatte eben von zwei Themen gesprochen. Unsere Erfahrung ist, dass Daten schon immer erhoben wurden, aber oft fragmentiert und verteilt, nicht harmonisiert und oft auch nicht zugänglich waren. Nun kommt man deutlich leichter an sie heran und kann sie vor allem auch verarbeiten. Rechenpower sind da die Schlagworte. Wir merken, dass man deutlich einfacher statistische Verfahren zur Bearbeitung und Kalkulation von großen Datenmengen anwenden kann. Und dann kommen Themen wie Predictive Forecasting auf, wo wir auch merken, dass die Qualität nicht ignorierbar ist. Ich kann mal sagen, warum ich Predictive Forecasting nutzen möchte: Will ich Zeit einsparen, Qualität absichern oder will ich einfach einen harten Sparrings-Partner haben, weil das ist ja unvoreingenommen und kommt nur durch die Systeme und die Zeitreihen hervor. Ein weiteres Thema, das wir stark bearbeiten, ist Supervised Clustering. Das heißt, aus einer Hülle von Daten Parameterkombinationen zu entdecken, eine Art Mustererkennung, die etwas fortgeschrittener ist. Oder auch Kausalanalysen: Wie laufen eigentlich Maßnahmen, Marketingmaßnahmen, Promotions? Denn letztendlich hat man immer den Effekt: War es das gute Wetter oder war der Kunde einfach gut drauf und hat ein bisschen mehr gekauft? Woran lag es, dass eine Maßnahme zündet? Macht ihr da auch etwas in diesen digitalen Methoden? Seid ihr da unterwegs?

00:22:58: Regina Malz: Grundsätzlich ist es so, dass Clustering und Benchmarking immer schon ein Thema bei uns im Reporting war und ist. Das kann man auch leicht in Excel machen. Wenn es darum geht, wirklich große Datenmengen zu analysieren, braucht man andere Tools. Wir haben in der Tat jetzt bei Valora auch ein eigenes Team für die Datenanalyse aufgebaut, das sich um KI-Unterstützung kümmert. Ein unglaublich spannendes Thema. Ich glaube, da können wir im Controlling noch viel optimieren und vor allem steuerungsrelevante Aussagen herausziehen. Da wird viel getestet und ausprobiert. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht viel sagen, in welche Richtung wir wirklich gehen werden. Es ist am Anfang, und auch da lernen wir viel von FEMSA, die in diesen Themen viel weiter sind als wir. Auf diese Reise freue ich mich sehr, denn ich glaube, dass da unglaublich viel Potenzial drin ist.

00:23:55: Sjard Hammer: Wir bei CTcon denken diesen Ansatz im Rahmen einer datengetriebenen Steuerung noch ein bisschen weiter. Vereinfacht gesagt streben wir danach, das Steuerungsobjekt entlang der gesamten Prozesskette oder Wertschöpfungskette zu verfolgen. Und zwar nicht nur im Sinne von Euros, sondern im Messen, Zählen, Wiegen, so nennen wir das. Damit hast du die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt, in jeder Auswertungssicht das Steuerungsobjekt zu betrachten und damit auch viel mehr Klarheit zu haben, frei von jeglicher Konversion oder Aggregation. Das ist die Idee dahinter. Das Controlling, wir kennen das alle aus der Historie, arbeitet mit Durchschnittswerten oder Aggregationen. Das kannst du jetzt zur Seite legen und bist im Detail. Dann sind wir wieder bei „Retail ist Detail“. Richtig. Die Idee ist letztendlich, dass du sehr schnell die Nadel im Heuhaufen finden kannst, obwohl du dich durch sehr viele Daten durchwühlen musst.

00:24:51: Regina Malz: Darauf kommt es an, in dieser großen Datenmenge, die wir haben. Wir haben viele Kunden, viele Produkte, die gekauft werden. Es gilt, das zu finden, was uns voranbringt, was wir verbessern können, was letztendlich mehr Ergebnis erzielt und der Firma sowie den Kunden hilft.

00:25:13: Sjard Hammer: Exakt. Wir versuchen das, also wir nennen es sehr plakativ, wenn du das mit dem Auto vergleichst, Assistenzsysteme. Diese Menge an Daten kannst du jetzt beherrschbar machen. Du hast Logiken. Ich hatte dir, glaube ich, an anderer Stelle schon mal erzählt, eine Anekdote, dass wir, wenn du ein Clustering machst, und du sagst: „Mensch, das ist Innenstadtlage oder am Bahnhof“, dann kannst du vielleicht ganz anders darauf schauen, welche Produkte zu welchem Zeitpunkt gekauft werden. Dann merkst du, dass eine Rolle von einem Outlet vielleicht eine ganz andere ist, als man vermutet, und dass die Innenstadtlage auch etwas damit zu tun hat. Aber vielleicht kann man das Sortiment und die Personaleinsatzplanung viel stärker darauf einrichten, wenn man noch andere Hinweise erhält. Das ist total spannend. Wir haben über viele Controlling-Instrumente und Prozesse gesprochen. Jetzt muss es ja auch irgendjemand tun.

00:26:02: Regina Malz: Schön wär's, ja.

00:26:03: Sjard Hammer: Jetzt erzähl mal, wo finde ich denn so Controllerprofile? Was braucht es heutzutage, um ein anerkannter Controller zu sein? Du sagst, auf der einen Seite bist du im operativen Bereich, auf der anderen Seite sprichst du natürlich auch mit eurer Mutter und in Muttenz mit dem Top-Management. Was braucht es für Handwerkszeug? Was braucht es für einen Charakter und ein Profil, um ein guter Controller zu sein, um letztendlich den Anforderungen Genüge zu tun?

00:26:28: Regina Malz: Ich möchte gerne auf meine beiden Sprichwörter zurückkommen, die ich in jedem Bewerbungsgespräch erwähne. Das eine ist „Handel ist Wandel“. Es ist ein hochdynamisches Umfeld. Man muss als Controller flexibel und agil sein, wie es so schön heißt. Man muss Lust auf Neues haben und auch kreativ sein. Das sollte man als Controller können. Das ist die positive Seite an der Dynamik. Die etwas negative, wobei ich das gar nicht so werten möchte, ist, dass man Druck hat. Man muss Deadlines halten. Wenn wir einen neuen Store eröffnen, möchte die Geschäftsführung am nächsten Tag wissen, wie es gelaufen ist, wie die Umsätze waren und was am besten verkauft wurde. Man muss den Druck aushalten, dass man schnell reagieren muss, weil das Interesse da ist. Das ist ein Trade-off, den es zu handeln gilt, wo jeder für sich selbst entscheiden muss, ob er damit zurechtkommt. Ich finde das unglaublich spannend. Es fördert mich täglich, kann ich sagen, weil immer wieder etwas Neues auf mich zukommt. Man muss aber Flexibilität an den Tag legen. Man kommt ins Büro und weiß nicht so richtig, was der Tag bringt. Das muss man mögen. Ich finde es toll. Das zweite Sprichwort „Retail ist Detail“ haben wir jetzt auch mehrfach besprochen. Man muss mit großen Datenmengen umgehen können. Man muss Lust darauf haben, in den Datenmengen abzutauchen und am POS, im Produkt, in der Stunde, im Zweifel, etwas zu finden, das nicht richtig funktioniert. Dann muss man auch die Gabe haben, wieder zu aggregieren und dem Management zu sagen: „Hier ist ein Thema, hier müssen wir vielleicht einen Prozess anpassen, hier müssen wir etwas optimieren.“ Wenn man beides mag, also „Handel ist Wandel“ und „Retail ist Detail“, hat man eine tolle Chance. Man kann viel erreichen und bewegen. Es ist eine unglaublich spannende Branche. Ich glaube, da wird es nie langweilig, weil man mit den Menschen zu tun hat und im Alltagsgeschäft des Menschen unterwegs ist. An Methodiken muss ich dir ganz ehrlich sagen, da gibt es so viele. Es gibt so viel Wandel auch in Reports oder in Tools, die man anwenden kann. Ich glaube, da können wir alles beibringen. Wichtig ist, dass man sich in dieser Branche und bei Valora wohlfühlt. Dann ist man ideal.

00:29:08: Sjard Hammer: Perfekt. Super zusammengefasst. Es war ein super kurzweiliges Gespräch, Regina. Hat mich riesig gefreut. Und wie du es gesagt hast, es ist eine sehr spannende Branche. Ich habe es auch am Eingang gesagt. Daher freue ich mich, demnächst wieder bei euch Kunde zu sein und dass wir uns bald wiedersehen.

00:29:26: Regina Malz: Vielen Dank für das Gespräch.

00:29:27: Sjard Hammer: Vielen Dank.

00:29:27: Regina Malz: Tschüss.

00:29:32: Podcast: Das war's für heute. Wir hoffen, Ihnen hat diese Etappe gefallen und Sie bleiben uns weiterhin gewogen. Abonnieren Sie Zielführung starten, um für eine effektive Unternehmenssteuerung gemeinsam mit uns voranzugehen. Wir freuen uns auf Sie!

00:30:04: Podcast: Das war "Zielführung starten", der Management-Podcast von CTcon.

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