Digitalisierung und Predictive Analytics im Controlling – Datengetriebene Steuerung bei Vonovia

Shownotes

Diese Fragen stehen im Fokus:

Was bedeutet „datengetriebene Steuerung" konkret - und wie wird sie im Alltag umgesetzt?

Welche Rolle spielen digitale Zwillinge für die Steuerung bei Vonovia?

Wie hat das Controlling Predictive Forecasting integriert - und was macht den Unterschied?

Welche organisatorischen und kulturellen Veränderungen braucht moderne Controlling-Exzellenz?

Wie gelingt Skill- und Rollenentwicklung im Controlling-Team parallel zur Weiterentwicklung von Tools und Methoden?

Welche Perspektiven bieten KI und Generative AI für die Steuerung?

Weiterführende Links:

Management-Podcast „Zielführung starten" (Folge 15): „Wie sieht die Zukunft des Controlling aus?" mit Prof. Dr. Utz Schäffer und Björn Radtke

Artikel: „Eine datengetriebene Steuerung ist heute möglich" (Christian Bungenstock im Dialog mit Utz Schäffer, Controlling & Management Review, Ausgabe 4/2024, Seite 8-15)

Management-Podcast „Zielführung starten" (Folge 14): „Unternehmenssteuerung mit KI? Wie aus Data Science Entscheidungen werden - ein Praxisdialog mit Johnson & Johnson" mit Steven Lehman und Björn Radtke

Management-Podcast „Zielführung starten" (Folge 4): „Digitale Transformation in der CFO-Funktion - Entwicklungen in Steuerung und Controlling" mit Dr. Christian Hebeler, Björn Radtke

Transkript anzeigen

00:00:00: Zielführung starten - der Management Podcast von CTcon.

00:00:21: Christian Bungenstock: Willkommen zur neuen Folge von Zielführung starten, dem Management Podcast von CTcon. Ich bin Christian Bungenstock, Partner bei CTcon in Düsseldorf. Ich freue mich, Sie heute als Gastgeber zu begrüßen. In dieser Folge blicken wir auf ein Projekt, das Ihre Aufmerksamkeit verdient. Vonovia, Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, erhielt den ICV Controlling Excellence Award für seine datenbasierte Steuerungsinitiative. Dabei arbeitet Vonovia eng mit CTcon zusammen. Über den erfolgreichen Weg zum Ziel hören wir zwei mit dem Projekt verbundene Fachleute. Torsten Akelbein ist Leiter Konzerncontrolling bei Vonovia. Er verantwortet die finanzielle Steuerung des im DAX 40 notierten führenden Wohnungskonzerns in Europa. Vonovia hat 535.000 Wohnungen im Bestand, über 12.000 Mitarbeiter und ein breit aufgestelltes operatives Portfolio. In seiner Rolle treibt Thorsten Akelbein seit Jahren die Fortentwicklung von Steuerungsmodellen, die Digitalisierung der Finanz- und Controllingfunktion und den Einsatz moderner Analytics-Ansätze konsequent voran. Im Gespräch mit ihm ist Björn Radtke, Partner bei CTcon. Er begleitet Unternehmen bei der strategischen und operativen Steuerung. Sein besonderer Fokus gilt der Transformation von CFO und Controlling Bereichen. Dies betrifft inhaltlich-methodische wie kulturelle Aspekte. Freuen Sie sich auf eine Reise zu einem zukunftsweisenden Projekt der Steuerungspraxis.

00:01:52: Björn Radtke: Hallo Thorsten, heute sprechen wir über Digital Twins bei Vonovia und die Digitalisierung und Steuerung und Controlling. Und das gerade mit einem frisch gewonnenen Excellence Award des Internationalen Controller Vereins. Toller Anlass. Schön, dass wir dazu zusammen sind.

00:02:07: Torsten Akelbein: Ja, danke schön. Ich freue mich auch, dass wir heute morgen hier zusammen sitzen und uns ein bisschen über Digitalisierung unterhalten.

00:02:15: Björn Radtke: Gerne, lass uns doch direkt einsteigen. Vor ein paar Wochen standest du noch auf einer großen Bühne in München vor ein paar hundert Controllern und CFOs und hast den diesjährigen Excellence Award des ICV in Empfang genommen. Erstmal Gratulation dazu, coole Sache. Vielleicht sagst du noch mal ein bisschen was dazu, was hat es damit auf sich und wie hat sich das so angefühlt da in der Hall of Fame des Controllings?

00:02:36: Torsten Akelbein: Ja, ich muss sagen, wenn man da oben steht, dann ist das doch eine beeindruckende Kulisse und äh ja, eine aufregende Geschichte für uns alle. Ich habe mich aber riesig vor allen Dingen für unser Controlling Team gefreut, denn am Ende war das ein Preis fürs Team und ich finde ja, dass sich das Team diesen Preis redlich verdient hat. Wir haben uns im Kern mit zwei Projekten beworben, die aber eins vereint und zwar, wie wir Organisation über Daten steuern. Das eine Projekt ging um die Steuerung unserer Handwerkerorganisation und das andere Projekt befasste sich mit der Steuerung der Personal- und Sachkosten, am Ende eigentlich über die gesamte Firma hinweg.

00:03:18: Björn Radtke: Personal und Sachkosten, das klingt so trocken. Aber lass uns mal einsteigen bei Vonovia. Viele werden Vonovia irgendwie aus der Presse kennen, egal ob gut oder schlecht. Manche werden auch vielleicht es als solide Anlage im DAX kennen. Vielleicht kannst du noch mal Vonovia ein bisschen vorstellen, auch wie ihr da im Controlling aufgestellt seid und auch noch mal eine Einschätzung, ist das jetzt eigentlich für Controller ein spannendes Umfeld oder ist es total langweilig?

00:03:40: Torsten Akelbein: Ja, also kurz zu Vonovia. Im Kern sind wir der größte Vermieter in Europa mit ca. 540.000 Wohnungen, vor allen Dingen in Deutschland, aber auch in Schweden und Österreich. Wir sind aber nicht nur der größte Vermieter, sondern wir bieten im Kern alle Dienstleistungen rund ums Wohnen, sei es, dass wir unseren selbst produzierten Solarstrom verkaufen, bis hin zum Glasfaserzugang. Und wir sind in der Tat auch einer der größten Immobilienentwickler in Deutschland für Wohnen. Dabei ist unser erklärtes Ziel, dass wir immer bezahlbaren Wohnraum für die, ja, ich sag mal, für die deutsche Mitte anbieten, also kein High-End-Segment adressieren. Und da bietet sich für Controller ganz viele spannende, interessante Aufgaben, sei es Investitionscontrolling, aber genauso auch Dienstleistungscontrolling. Wir sind gewachsen mit vielen M&A-Tätigkeiten und auch da ist natürlich das Controlling immer dabei. Von daher würde ich also sagen, auf keinen Fall langweilig für Controller, sondern vielfältig und spannend.

00:04:48: Björn Radtke: Okay. Und das mit der soliden Anlage im DAX, würdest du Vonovia empfehlen?

00:04:53: Torsten Akelbein: Das kann ich absolut empfehlen. Ich glaube auch, dass momentan ein sehr guter Zeitpunkt ist zum Kaufen. Wenn man mal unseren Kurs vergleicht mit dem Net Asset Value, also dem inneren Wert, den Vonovia hat, dann haben wir doch einen ziemlich deutlichen Discount. Deswegen kann ich für langfristig orientierte Investoren die Aktie nur empfehlen.

00:05:14: Björn Radtke: Das war der Geheimtipp an alle unsere Hörer. Kommen wir zurück zum Preis. Ihr habt das gewonnen für vorbildliche Digitalisierung und Umsetzung von Digital Twins. Das klingt erstmal cool und jeder möchte es haben. Vielleicht erklärst du noch mal ein bisschen Hintergründe, wie ist das mit der Digitalisierung und den digitalen Zwillingen bei Vonovia entstanden? Wie wurde das vorangetrieben? Welche Bedeutung hat das für euch im Unternehmen?

00:05:37: Torsten Akelbein: Ja, man muss sich vorstellen, wir haben einen Gebäudebestand, der halt überwiegend Jahrzehnte alt ist. Die Wohnungen wurden gebaut, vor allen Dingen eben in der Nachkriegszeit, als Wohnraum in Deutschland Mangelware war. Und das bedeutet natürlich, dass wir eine Ausgangslage hatten, wo unser Immobilienbestand überhaupt nicht digitalisiert war. Und wir haben uns vor ca. fünf Jahren auf den Weg gemacht, das zu ändern, weil natürlich auch wir die Bedeutung von Daten erkannt haben und haben eben eine große unternehmensweite Initiative gestartet, unseren Gebäudebestand zu digitalisieren. Mal so, um ein Beispiel zu nennen, wo uns das hilft. Wir haben die Riesenherausforderung, dass wir unseren Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral bekommen wollen. Und da hilft es natürlich zu wissen, ist z.B. das Dach eines Gebäudes schon gedämmt oder welcher Energieträger versorgt das Gebäude mit Wärme. Das sind genau die Daten, die wir brauchen, um am Ende, zunächst in einer rein Desktop-Analyse zu schauen, wann ist welches Gebäude dran mit seiner energetischen Sanierung.

00:06:49: Björn Radtke: Okay. Das heißt, das Thema kommt aus dem Business und hat für euch eine große Bedeutung, habe ich verstanden. Jetzt, was hat das mit dem Controlling zu tun? Und wann seid ihr auf den Zug aufgesprungen oder wart ihr schon früher unterwegs?

00:07:00: Torsten Akelbein: Ja, also vielleicht zunächst gesagt, ähm, die Digitalisierung spielt natürlich auch für ein Finance Ressort eine ganz große Bedeutung. Und da spreche ich gar nicht mal nur übers Controlling, sondern beispielsweise unsere Kollegen im Rechnungswesen haben sich auch schon vor längerer Zeit auf den Weg begeben, ihr Geschäft zu digitalisieren mit massiven Einsatz von RPA z.B. Oder ein anderes Thema, wo Digitalisierung geholfen hat, war als die Grundsteuer umgestellt wurde und wir, ich weiß gar nicht wie viel, ich glaube um die 40.000 Steuererklärungen abgeben mussten für die neue Grundsteuer. Das haben unsere Steuerkollegen als Anlass genommen, ein Tool zu entwickeln, was wir auch erfolgreich vermarktet haben, für andere Immobilienbestandshalter, um eben diese Aufgabe zu bewältigen. Und natürlich ist es aber eben so, dass Digitalisierung auch im Controlling immer mehr den Alltag bestimmt. Das heißt, auch wir haben bereits schon vor, ja, so 7, 8 Jahren uns auf den Weg gemacht, zu schauen, wie können wir eben Daten und datengetriebene Steuerung weiter aufbauen? Und ja, letztendlich waren wir damit so erfolgreich, dass wir uns zugetraut haben, uns auch vor den Excellence Award zu bewerben.

00:08:20: Björn Radtke: Coole Sache. Also, ich erinnere mich noch genau an diese 7, 8 Jahre, die es her ist, wo irgendwie mal wir uns zusammengesetzt haben und gefragt hast, sag mal, was machen eigentlich denn so andere Controller in Digitalisierung? Und ich angefangen habe zu erzählen und ich glaube, nach 10 Minuten gab es einen Stopp von dir, zu sagen, das ist ja alles nur Cases, wo Controller sich mit eigenen Prozessen beschäftigen, das interessiert uns gar nicht bei Vonovia, weil an sich ist ja der Case im Business. Fand ich damals eindrucksvoll, also zu sagen, wie kann ich eigentlich als Controller im Geschäft helfen mit Digitalisierung? Wie kamst du zu dieser Philosophie? Weil die meisten anderen haben erstmal geschaut, kann ich vielleicht irgendwie Planung automatisieren, kann ich irgendwie noch einen Einzelprozess mit 0,3 FTI schlanker machen, war damals nicht so dein Ding.

00:09:04: Torsten Akelbein: Ja, da spielen vielleicht zwei Aspekte rein. Also zum einen ist es mir halt extrem wichtig, dass das Controlling stark verankert ist im eigentlichen Geschäft und immer schaut, wie wir im eigentlichen Geschäft helfen können, aber uns natürlich auch uns involvieren können, um am Ende halt die Firma besser zu machen. Das heißt, die große Wirkung von Digitalisierung erreiche ich, wenn ich darüber nachdenke, wie ich eben in der Fläche in großen Organisationen Dinge verbessern kann. Und das war auch immer unser Grundgedanke. Und der zweite ist, ich war fast so lange wie bei Vonovia war ich vorher bei Vodafone und habe glaube ich relativ früh auch gelernt, wie man mit Daten arbeiten kann, wie man mit Daten neue Produkte schaffen kann, Kundennutzen schaffen kann und das hat mich sicherlich auch persönlich ein bisschen geprägt.

00:09:56: Björn Radtke: Jetzt sprichst du es an, du warst nicht immer nur bei Vonovia, ist es bei Vonovia besonders einfach im Controlling zu digitalisieren oder was sind so die großen Herausforderungen? Also, war es eher so ein Home Run oder heavy business?

00:10:08: Torsten Akelbein: Ja, ich würde da fast sagen, sowohl als auch. Also, sicherlich muss man sagen, dass die deutsche Wohnungswirtschaft jetzt nicht unbedingt zu den Vorreitern zu zählen ist, wenn es um ja, die Anwendung moderner Methoden der Digitalisierung geht. Von daher mussten wir sicherlich auch an der einen oder anderen Stelle Überzeugungsarbeit intern leisten, dass es sich lohnt, auch am Ende Geld in die Hand zu nehmen, um diese Dinge voranzutreiben. Auf der anderen Seite haben wir aber einen großen Vorteil hier bei Vonovia, eine hochintegrierte SAP-Plattform. Wir haben eben nicht die Situation, die viele andere Unternehmen haben und die ich eben auch von von Vodafone von früher kannte, verteilte ERP-Systeme zu haben, Landessysteme zu haben, sondern wir sind hochintegriert unterwegs und das macht natürlich dann die Generierung und Nutzung von Daten dann doch einiges einfacher.

00:11:01: Björn Radtke: Klingt doch mehr nach dem Home Run dann.

00:11:03: Torsten Akelbein: Wahrscheinlich schon, ja.

00:11:05: Björn Radtke: Ein Teil des Preises ging neben dem digitalen Zwilling, den wir auch noch mal an anderer Stelle beleuchten, ging in Richtung Nutzung von Predictive Analytics, erstmal im Forecasting und in der Planung. Das Thema ist jetzt, wenn man Controller Konferenzen verfolgt und Artikel liest, nicht ganz neu und fast alle reden davon. Was ist denn so besonders bei euch?

00:11:25: Torsten Akelbein: Ja, also ich glaube auch, am Ende nur Predictive zu machen, ist jetzt nicht unbedingt das große Neue und vielleicht jetzt auch für sich genommen jetzt nicht so das Thema, mit dem man dann so einen Controllerpreis auch gewinnen kann, aber ich glaube, also wie wir es angepackt haben, unterscheidet sich unsere Predictive Lösung in zwei Dingen. Das eine ist, wir haben es tatsächlich geschafft, diesen Predictive Forecast zu führen, zum führenden Forecast zu machen. Das heißt, es ist der Forecast, daneben gibt es nichts anderes mehr. Es ist kein Vorschlagswert des Controllings oder eine Gegenmeinung oder was auch immer, sondern wir erstellen diesen Forecast und der geht dann ein in den Gesamtforecast des Unternehmens. Und das heißt eben auch, dass er ganz tief eingebettet ist in die Controlling Prozesse. Also er läuft nicht parallel, sondern er ist Bestandteil des Controlling Prozesses für Forecast und Budgetierung. Und ich glaube, das zeichnet halt unsere Lösung schon aus. Vielleicht auch gepaart damit, dass die Lösung eine hohe Akzeptanz hat bei meinen Kollegen, also mittlerweile freuen sich alle, dass wir diese Lösung im Einsatz haben, dass wir ganz viele Bereiche entlasten konnten von Controlling Tätigkeit, die jetzt ja nicht jeder so liebt wie ich. Und ja, das führte am Ende halt wirklich dazu, dass viele gesagt haben, ja, das nehme ich gerne an und bin auch gerne bereit, dann halt das zum führenden Wert zu nehmen.

00:12:54: Björn Radtke: Das hast du einfach angeordnet, weil andere würden ja davon träumen und sagen, nach Jahren von Parallelbetrieben, ist das, was wir an vielen Häusern sehen, würde ich gerne mal auf den Tisch hauen und sagen, das ist jetzt unser Forecast. Bei dir klang das jetzt so einfach. War das eine Anordnung, ab jetzt gilt der oder wie lief das? Vielleicht kannst du noch ein bisschen mehr ins Detail gehen, wie ihr das so eingeführt habt.

00:13:16: Torsten Akelbein: Ja, also das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber ich glaube am Ende konnten wir mit Qualität überzeugen, denn wir haben halt wirklich gesehen, dass dieser maschinell erstellte Forecast am Ende besser, treffsicherer war, als der, den vorher die Kollegen per Hand gemacht haben. Vielleicht noch mal ein bisschen auszuholen, was eigentlich der Anlass war, dass wir uns darauf eingelassen haben. Und zwar hatten wir ein Jahr, wo wir ja, aufgrund des Konservatismus, den wir üblicherweise hatten in diesem Forecast, unsere Kapitalmarkt-Guidance ein Quartal früher hätten anpassen können, haben es aber nicht gemacht, weil eben der Forecast so konservativ war. Das war zu dem Zeitpunkt etwas ärgerlich, weil uns ein früheres Anheben der Guidance etwas geholfen hätte im Rahmen einer Transaktion. Und das war dann letztendlich für uns der Anlass zu sagen, wir müssen was tun gegen diesen menschlichen Bias, den wir im Forecast haben. Haben angefangen uns damit zu beschäftigen und wie gesagt, es war eine Reise, aber irgendwann war halt wirklich dieser Forecast so viel besser, dass wir eben eine hohe Akzeptanz hatten im Kollegenkreis, dass dieser Forecast tatsächlich führend ist.

00:14:22: Björn Radtke: Was ist schwieriger, die operativen Kollegen zu überzeugen, dass man mit so einem Predictive Wert arbeiten kann oder die eigenen Controller? Weil auch das ist eine Diskussion, die wir häufig hören, zu sagen, auch nicht jeder Controller ist happy damit, dass das Ding aus der Maschine kommt.

00:14:35: Torsten Akelbein: Wenn ich mal über das Controlling Team spreche, dann haben die Kollegen richtig Spaß an der ganzen Sache und das war eigentlich von Anfang an so. Wir haben uns ja auch schon vorher mit Predictive Methoden beschäftigt und da war es schon so, dass halt die Neugier uns dazu angetrieben hat, zu schauen, wie können wir eben datenbasiert und predictive-basiert dort halt neue Dinge entwickeln. Deswegen hatte das Thema im Controlling Team von Anfang an eine hohe Akzeptanz. Das kann man sicherlich nicht sagen für die Bereiche, für die wir das Controlling machen. Da mussten wir uns natürlich die Akzeptanz erarbeiten und ich will auch ehrlich sein, es gibt noch den einen oder anderen Bereich, den wir noch überzeugen müssen und die Überzeugungsarbeit war sicherlich schwieriger bei meinen Kollegen im Führungskreis, aber um es noch mal zu sagen, viele haben wir schon überzeugt.

00:15:20: Björn Radtke: Viele Unternehmen reden von das ist doch so eine Blackbox und ich weiß doch gar nicht, was da rauskommt. Wie habt ihr das gemacht? Wenn du sagst, wir haben überzeugt.

00:15:29: Torsten Akelbein: Ja, das ist es natürlich zugegebenermaßen die Schwierigkeit von einem Predictive Ansatz, weil halt es für einen Außenstehenden schwer nachvollziehbar ist oder schwerer nachvollziehbar ist, wie der Forecast zustande kommt. Wir reden ja hier über Personal- und Sachkosten von Kostenstellen, also eigentlich eine relativ, ja, einfache Anwendung und auch, ich sag mal so das Brot- und Buttergeschäft des Controllings. Natürlich ist es nicht so, dass wir jetzt nur diesen Predictive Forecast eingeführt haben, sondern wir hatten bei uns intern auch im Haus die Diskussion, beschäftigen wir uns eventuell zu sehr mit diesen Zahlen. Wir hatten eine recht umfängliche Diskussion auch mit unserem Vorstand, wie wir Komplexität reduzieren können, auch rund ums Controlling. Das hat dazu geführt, dass wir z.B. auch die Incentivierung zur Kosteneinhaltung abgeschafft haben in den Cost Centern, weil wir uns über kleine Zahlen zu lange unterhalten haben und zu sehr damit beschäftigt haben. Das hat sicherlich auch dazu beigetragen zu der Akzeptanz. Aber damit bleibt trotzdem die Frage der Nachvollziehbarkeit, das ist immer ein Punkt und sicherlich müssen wir auch punktuell halt doch zusätzliche Daten liefern für einzelne Kollegen, um halt es nachvollziehbarer zu machen. Das ist halt, wie immer im Leben, es gibt Vor- und Nachteile und das ist halt sicherlich ein Nachteil dieser Lösung.

00:16:48: Björn Radtke: Könnt ihr alles selbst im Controlling, auch eine immer wieder diskutierte Frage, brauche ich eigentlich eigene Data Scientisten im Controlling oder brauche ich die in der IT und wie autark seid ihr da in der Anwendung?

00:16:59: Torsten Akelbein: Also erstmal muss ich sagen, wir haben halt bei uns im Team das Privileg, dass wir ein eigenes kleines Team haben mit Datenexperten, dass wir halt BI Controlling nennen. Es gibt sicherlich Organisationsformen, wo diese Teams in der IT verankert sind. Bei uns eben im Controlling und da muss ich natürlich als oberster Controller sagen, das hilft mir sehr, diese Kollegen bei mir zu haben. Das heißt, mittlerweile haben wir auch die Expertise, diese Methoden selbst in der Hand zu haben. Natürlich hatten wir dort Starthilfe, aber mittlerweile sind wir, glaube ich, gut aufgestellt, das halt vollumfänglich selbst in der Hand zu haben. Und da muss man auch wirklich sagen, dass das ein gutes Beispiel war, wie Know-how-Transfer von extern ins eigene Team funktionieren kann.

00:17:42: Björn Radtke: Wie geht die Reise weiter mit Predictive und vielleicht auch noch Beyond Predictive, also so Themen wie AI, die ja auch bei euch auf der Agenda stehen. Was ist da so dein Blick in die nächsten Jahre?

00:17:54: Torsten Akelbein: Also, ich denke da immer so ein bisschen von nächsten Schritt ins Große. Als übergeordnetes Ziel, ich will jetzt nicht das Wort Vision im Mund nehmen, aber es ist schon halt irgendwo jetzt eine langfristige Reise, auf die wir uns begeben könnten und die wir halt Team intern diskutieren ist, ob wir es wirklich schaffen, irgendwann den kompletten Forecast, den wir erstellen, predictive basiert zu machen. Weil am Ende wir aufgrund unseres Geschäftsmodell halt doch eine große Stabilität haben in den Zahlen, das heißt, dass es dort durchaus möglich sein kann, dass wir halt deutlich mehr Predictive einsetzen. Im kleinen heißt das aber erstmal, dass wir rund um unsere Investitionsprozesse für unsere Immobilienbestände einen Schritt vorankommen wollen. Wir dort in den nächsten Jahren jeweils pro Jahr bis zu einer halben Milliarde investieren in die Bestände, um eben das Thema Klimaneutralität zu verfolgen. Und da glaube ich, dass wir gute Ansätze finden werden, hier Predictive einzusetzen. Gleiches gilt bei der Frage, wie sich Mieten entwickeln können. Auch die kann ich sicherlich sehr gut über Predictive Lösungen vorhersagen und dann bin ich schon letztendlich bei den großen Positionen, die wir brauchen für unseren Forecast, deswegen bin ich guter Dinge, dass wir dort in den nächsten Jahren vorankommen werden.

00:19:06: Björn Radtke: Okay, und das schicke Schlagwort AI und GenAI hat das für euch schon irgendeine Bedeutung jenseits jetzt von Machine Learning im Predictive?

00:19:15: Torsten Akelbein: Ja, mit GenAI, da muss ich sagen, da kämpfe ich so ein bisschen mit der Frage, was ist denn die konkrete Anwendungsform im Controlling? Ich sehe ganz viele Anwendungsformen natürlich im operativen Geschäft bei uns. Wir verfolgen auch intensiv, was andere Unternehmen machen, wie andere Unternehmen es einsetzen und auch Vonovia hat schon seinen eigenen Vonovia GPT, wo wir schauen, wie wir den für uns nutzbar machen können. Ich glaube, am Ende aus Unternehmenssicht gibt es viel spannendere Fragen als aufs Controlling bezogen, wie wir dort AI für uns einsetzen können. z.B. ist eine super spannende Frage für uns, wie sich Immobilienwerte zukünftig weiterentwickeln werden auf Basis demographischer Entwicklung z.B. Damit beschäftigen wir uns sehr intensiv, wie wir dort AI einsetzen können und das wird dann auch fürs Controlling wiederum Auswirkungen haben, denn die Entwicklung von Immobilienwerten ist auch für den Controller doch schon von recht entscheidender Bedeutung.

00:20:13: Björn Radtke: Also auch hier wieder der Blick auf Geschäft first und wo können wir da was nutzen und dann so die kleine Controlling Welt dann in zweiter Stelle. Verstehe ich. Also bleibst deiner Philosophie treu. Das ist ja auch auch sympathisch.

00:20:24: Torsten Akelbein: Ja, am Ende ist es so. Ich glaube, das Geschäft sollte immer führend sein, da wird das Geld verdient und das Controlling sollte dem jetzt nicht nur folgen, sondern sollte es begleiten, aber das Geschäft ist führend.

00:20:35: Björn Radtke: Dass Digitalisierung ein wesentlicher Baustein ist in der Controlling Agenda von großen Konzernen, ist jetzt alles andere als neu. Bei den meisten steht da irgendwo ganz prominent Digitalisierung drin. Jetzt gibt's einige, die dann enden und sagen, ich habe am Ende zwar digitalisiert, ich habe aber die gleichen Controlling Aufgaben, die gleichen Controlling Rollen und auch die gleichen Prozesse, halt nur ein bisschen automatisierter, mal überspitzt formuliert. Wie sieht das bei euch aus, jenseits von der reinen Digitalisierung?

00:21:02: Torsten Akelbein: Ja, ich glaube, Digitalisierung funktioniert nicht, wenn ich nicht gleichzeitig begleite, was das für eine Auswirkung hat auf die Organisation. Für unser Controlling Team gesprochen, haben wir für uns gemerkt vor sicherlich schon drei, vier Jahren, wir müssen klarer werden in unserem Zielbild. Wo wollen wir eigentlich hin? Und haben aus uns heraus für uns dann halt ein klares Zielbild entwickelt. Wir haben es dann sogar Controlling Strategie genannt. Das ist was, womit wir jetzt nicht groß hausieren gegangen sind im Unternehmen oder außerhalb des Unternehmens, sondern es vor allen Dingen für uns gemacht haben. Als ein wesentlicher Punkt ist dabei herausgekommen, wir müssen klarer werden in den Rollenbildern des Controllers. Weil das auch die Mitarbeitenden im Team brauchen, das brauchen wir, um klarer zu sein für den einzelnen Job, das brauchen wir vor allen Dingen, und das ist mir super wichtig, damit wir wissen, wie wir unsere Mitarbeitenden entwickeln können. Wo haben wir Development Needs und was können wir ganz konkret tun, um halt diese zu adressieren. Und da herausgekommen sind dann halt drei Rollenbilder. Unser Controller, da ist halt zum einen der ganz viel zitierte Business Partner, den wir auch vorantreiben, da spielt auch wiederum das rein, dieses enge im Geschäft sein und fürs Geschäft arbeiten. Und auf der anderen Seite eben dieser Datengetriebene Controller oder Data Analyst, vielleicht sogar Data Scientist, also derjenige, der die Fähigkeiten hat mit Daten zu arbeiten und zusammen mit dem Business Partner dann halt die richtigen Schlüsse daraus zieht. Und der ganz klassische Controller, der also Reports macht, Abweichungsanalysen erstellt etc., den wir Service-Experte genannt haben, ich glaube, dieses Rollenbild wird halt in der Zukunft sich etwas weiter reduzieren. Und das haben wir halt eben klar rausgearbeitet im Rahmen unserer Strategieüberlegungen. Es ging eben jetzt sogar soweit, dass wir ganz dezidiert einzelne Controllerrollen beschrieben haben in ihren Aufgaben und vor allen Dingen halt die notwendigen Skills für diese Rollen.

00:23:00: Björn Radtke: Und wie ist das mit den Skills? Sind deine Controller schon da? Haben die Bock drauf, sich zu entwickeln oder wie ist so die Story hinter den Powerpoints?

00:23:08: Torsten Akelbein: Ja, dieser Wunsch und der Drang, der kam ja aus dem Team. Und der kommt natürlich auch deswegen, weil die Frage von den Menschen kommt, was muss ich tun, um mich weiterzuentwickeln. Das ist auch das, was mir so Freude macht in diesem Team. Wir haben viele junge Mitarbeitende gewinnen können für uns in den letzten Jahren und die wollen halt, die wollen vorankommen. Das ist also nicht so, dass da halt das, was man vielleicht unter der Gen Z vermutet, eher eine ausgeprägte Wunsch zur Balance zwischen Arbeit und Familie, Freizeit da ist, sondern es viele da sind, die halt wirklich Gas geben wollen. Und dem müssen wir aber auch sagen, wie sie Gas geben können. Und da haben wir finde ich jetzt gute Voraussetzungen geschaffen und auch eben den Kollegen zu sagen, was braucht ihr für Skills, wo müsst ihr euch weiterentwickeln, damit ihr vorankommt.

00:23:50: Björn Radtke: Klingt gut. Hoffe ich, dass das so weitergeht auch mit deinen Kollegen da. Noch mal der der größere Blick in die Glaskugel jetzt. Wir haben über Controlling Strategie gesprochen, wir haben ganz am Anfang das Stichwort gehabt, digitaler Zwilling bei Vonovia. Wird es eine Revolution geben in der Steuerung bei Vonovia, dass man sagt, wenn wir mal alles digitalisiert haben, du hast die verschiedenen Geschäftsmodelle besprochen am Anfang, dann werden wir auch ganz anders steuern. Gibt's dann noch einen klassischen Plan, gibt's dann noch ein Report oder wird alles ad hoc laufen und jeder guckt nur noch in coole Datenräume und Dashboards, wie ist da so dein Blick?

00:24:24: Torsten Akelbein: Ja, also, ich habe es ja vorhin schon angedeutet. Meine Vision ist natürlich schon, dass wir irgendwann, ich sag mal überspitzt gesagt, einen predictive-basierten Forecast auf Knopfdruck haben, der rollierend die nächsten 18 Monate vorausschaut und wenn wir über Investitionen sprechen, am liebsten noch weiter vorausschaut. Und der vielleicht sogar unser Development Geschäft mit abdeckt, wo wir halt sehr projekt individuell mit großen Bauvorhaben halt unterwegs sind. Das ist das eine, worüber ich mich aber viel mehr freuen würde, ist, wenn wir als Controlling intensiv dabei sind, wenn Vonovia neue Geschäftsfelder aufbaut, um halt einfach weiteres Wachstum zu generieren. Wir überlegen z.B. unsere Fähigkeiten jetzt auch Dritten zugänglich zu machen, großen Bestandshaltern, großen Investoren. Das läuft bei uns unter dem Schlagwort Second Vonovia, warum sollen wir nicht auch eine halbe Million Wohnungen betreuen, die uns nicht gehören, die wir aber halt eben vom Unterhaltenen her in der Hand haben. Und dieses Geschäftsfeld aufzubauen und controllerisch zu begleiten, da freue ich mich schon sehr drauf und das ist mir mindestens genauso wichtig wie die Frage, wo ich noch Predictive weiter einsetzen kann.

00:25:34: Björn Radtke: Kommt da wieder der geschäftsorientierte Controller.

00:25:36: Torsten Akelbein: Genau.

00:25:37: Björn Radtke: Jetzt habt ihr den Award in der Tasche, könntet euch ausruhen. Wird's mit gleicher Geschwindigkeit weitergehen oder machst du jetzt erstmal eine Pause mit der Entwicklung im Team?

00:25:45: Torsten Akelbein: Ja, ich finde ja eher, dass wir jetzt die Grundlage geschaffen haben, noch schneller werden zu können, weil wir einfach diesen datengetriebenen Mindset halt angefangen haben, zu verankern im Team. Und darauf aufsetzend, glaube ich, können wir die Geschichte wunderbar fortschreiben. Das heißt, natürlich, dass wir uns eben jetzt anschauen, wo können wir uns weiterentwickeln, was können wir als nächstes angehen und ich glaube, ausruhen, das können wir irgendwann später machen, aber heute noch nicht.

00:26:14: Björn Radtke: Wenn da jetzt bei unserer Hörerschaft der eine oder andere ist, der sagt, Mensch, das klingt aber gut, was der da so erzählt hat, was sind denn so deine drei golden Rules und Tipps für andere CFOs und Controlling Kollegen im Aufbau, Ausbau, Weiterentwicklung von Digitalisierung.

00:26:30: Torsten Akelbein: Das Allerwichtigste ist Daten, Daten, Daten. Also, dass auch ich als Controller weiß, welche Daten stehen im Unternehmen zur Verfügung, dass ich vom Start weg dabei bin, wenn es Initiativen im Unternehmen gibt, die datengetrieben sind, um halt immer aus Controlling Sicht zu schauen, wie kann ich mir diese Daten nutzbar machen? Da liegt für mich der Schlüssel drin, gepaart damit immer am Ball zu sein, wie sich Technologien weiterentwickeln. Ja, das Rad dreht sich immer schneller, das merken wir, glaube ich, alle jeden Tag und da heißt es halt eben am Ball zu bleiben und zu schauen, wie es andere machen, die vielleicht auch einen Schritt voran sind, das halt für sich selbst, fürs eigene Unternehmen zu interpretieren.

00:27:13: Björn Radtke: Prima, ja ganz herzlichen Dank für die Einblicke. Dann würde ich sagen, die nächsten Jahre brauchen vielleicht auch andere mal eine Chance auf den Award. Es gibt aber auch Häuser, die den dreimal gewonnen haben, also vielleicht könnt ihr euch in drei, vier Jahren dann mal wieder aufs Treppchen stellen und dann freue ich mich, wenn wir spätestens dann auch wieder im nächsten Podcast miteinander sprechen. Also, viel Erfolg, herzlichen Dank und bis ganz bald.

00:27:34: Torsten Akelbein: Ja, ganz herzlichen Dank. Hat mich sehr gefreut, hat Spaß gemacht.

00:27:38: Christian Bungenstock: Wir hoffen, dass Sie viele Impulse aus dem Gespräch der Fachleute für sich gewonnen haben und mit neuem Elan die eigenen Digitalisierungsprojekte angehen. In der nächsten Folge setzen wir die Reise mit Vonovia fort und vertiefen dabei die Nutzung und den Nutzen eines digitalen Zwillings in der operativen Steuerungspraxis. Wenn Sie weiter mit uns auf Kurs bleiben möchten, Zielführung starten finden Sie überall dort, wo es Podcasts gibt. Wir freuen uns, wenn Sie uns dort abonnieren oder bewerten. Schön, dass Sie dabei waren und bis zur nächsten Folge von Zielführung starten.

00:28:22: Podcast: "Das war Zielführung starten", der Management Podcast von CTcon.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.