Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität – Aufbau und Expansion erfolgreich steuern
Shownotes
Kernfragen:
Welchen Herausforderungen in der Unternehmenssteuerung muss sich ein Anbieter eines europäischen Ladenetzwerkes im Aufbau stellen?
Wie werden robuste Entscheidungen in einer dynamischen und schnellen Wachstumsphase getroffen?
Wie managt man mächtige Stakeholder und findet einen tragfähigen Konsens?
Welche Relevanz haben die einzelnen Steuerungsprozesse im Performance-Management-Zyklus?
Welche interne Aufstellung, Zusammenarbeitsmodelle und Kompetenzprofile unterstützen die Finance-Funktion bestmöglich in der Bewältigung ihrer anspruchsvollen Aufgaben?
Weiterführende Links:
IONITY - ENABLING ELECTRIC TRAVEL FOR EVERYONE. WE ARE ON IT.
„Planung und Tools auf die neue Dynamik ausrichten" (Jörg Ehlken, Controlling & Management Review, Ausgabe 5/2022, Seite 8-17)
„Planen und steuern mit Predictive Analytics" (Wera Sanders, Jannik Fiedler und Björn Radtke, Controlling & Management Review, Ausgabe 8/2021, Seite 36-40)
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00:09:11: Sprecherin: Zielführung starten - der Management-Podcast von CTcon.
00:18:11: Dr. Christian Bungenstock: Guten Tag, liebe Hörer. Ich begrüße Sie bei Zielführung starten, der Managementpodcast von CTcon. Ich bin Christian Bungenstock und Partner bei CTcon in Düsseldorf. Als Gastgeber unseres Managementpodcast lade ich Sie heute ein auf eine Tour zur erfolgreichen Steuerung eines stark wachsenden Infrastrukturanbieters in der E-Mobilität. Unterwegs sind wir mit Bernd Edelmann und Sjard Hammer. Beide kennen sich gut und seit vielen Jahren auch aus der gemeinsamen Projektarbeit.
00:45:10: Dr. Christian Bungenstock: Bernd Edelmann ist seit 2018 CFO bei IONITY. Einige führende Automobilhersteller haben das Unternehmen 2017 mit dem Ziel gegründet, die Elektromobilität langstreckentauglich zu machen. Ein Finanzinvestor ergänzt den Eigentümerkreis. Bernd treibt in seiner Tätigkeit das Wachstum maßgeblich aus finanzieller Perspektive voran und etabliert zeitgleich die dafür nötigen Strukturen und Prozesse. Sjard Hammer ist Partner bei CTcon und vertritt unser Office in München.
01:15:15: Dr. Christian Bungenstock: Er berät seit knapp 20 Jahren führende Konzerne in den Themen „Unternehmenssteuerung“ und „Performance Management“. Als Leiter unseres Competence Centers „Steuerungslogik“ arbeitet Sjard intensiv an einer konsequenten Steuerung und übersetzt passgenau die strategischen Ziele unserer Klienten in die nötigen Steuerungsobjekte, Prozesse, Systeme und Gremien sowie in Steuerungsinformationen und insbesondere in Kennzahlen.
01:44:23: Sjard Hammer: Grüß dich Bernd! (Hallo Sjard, grüß dich.) Schön, dass du dir die Zeit genommen hast und wir heute uns sogar persönlich treffen. Unser Podcast Konzept könnte ja eigentlich passender gar nicht sein, weil zum einen geht es ja um Zielführung und Navigation und du bist im Automotive Sektor zu Hause und von daher habt ihr ja bei IONITY auch ein sehr ambitionierte Reise vor euch. Da habe ich gedacht, das ist super, wenn wir mal miteinander sprechen. Bevor ich aber mit der Tür ins Haus falle, macht es sicherlich Sinn, dass du mal kurz berichtest. Ein bisschen was zu deiner Person, zu deinem Unternehmen und deinem Aufgabenportfolio.
02:20:13: Bernd Edelmann: Ja, vielen Dank Sjard. Ich freue mich, heute hier sein zu dürfen und habe da richtig Bock drauf. Vielleicht kurz zu meiner Person, ich bin seit fünf Jahren CFO bei IONITY. IONITY ist ein sogenannter ChargePoint Operator CPO. In der E-Mobilität gibt es ein ganzes Ecosystem und dieses Ökosystem wird von uns bedient, indem wir Infrastruktur bereitstellen.
02:46:20: Bernd Edelmann: Das heißt, wenn du auf der Langstrecke Elektromobilität haben möchtest, wenn du ein elektrisches Fahrzeug fährst, dann ist es sinnvoll, irgendwo das Fahrzeug aufzuladen, um von A nach B zu kommen. Und da bieten wir eine sehr, sehr schnelle Möglichkeit. Das heißt, es gibt unterschiedliche sogenannte Leistungslevel, Powerlevel und wir sind da im oberen Spektrum. Das heißt, wenn du bei IONITY lädst, dann hast du 350 kW und damit kann man je nach Fahrzeugklasse das Fahrzeug sehr, sehr schnell wieder aufladen.
03:15:02: Bernd Edelmann: Wir operieren in 24 Ländern in Europa, das heißt, unsere unser home turf ist Europa und du kannst von Oslo bis Mailand fahren oder bis Barcelona und kannst, wenn du möchtest, überall mit IONITY laden.
03:29:02: Sjard Hammer: Okay, prima. Ich würde heute ganz gerne zwei Themenblöcke mit dir besprechen. Du weißt, meine Heimat ist die Unternehmenssteuerung und finanznahe Themen. Von daher würde es mich sehr interessieren, A darüber zu sprechen, wie ihr eigentlich aktiv die Expansion steuert und B wie du deine Finance Aufgaben organisierst.
03:49:22: Sjard Hammer: Vielleicht fangen wir mal mit dem ersten Themenblock an du hast ja eben schon gesagt, 24 europäische Länder sind euer home turf. Ihr baut überall Ladestationen oder Ladeparks auf. Kurz in Zahlen gesprochen bis 2025, sollen es plus, minus 7000 Stück werden. Da ist noch eine recht lange Wegstrecke vor euch. Und die erste Frage, die mir da sofort in den Sinn kommt, ist natürlich habt ihr so eine hohe Realisierungstaktzahl, dass ihr ja quasi am laufenden Meter schnelle und robuste Entscheidungen treffen müsst. Wie stellst denn du das sicher? Wie orchestrierst du oder organisierst du das?
04:24:06: Bernd Edelmann: Ich glaub, wir müssen die Frage ein bisschen in Stücke schneiden. Zum einen erst mal geht es, glaube ich darum, wie verteilt sich das über wir sagen über die Zeit. Und dabei verändert sich natürlich auch Unternehmenssteuerung. Wenn wir den Anfang betrachten, dann ging es erst mal darum, dieses Chicken and Egg - Problem zu lösen.
04:43:15: Bernd Edelmann: Das heißt, es gab keine Infrastruktur und insofern ging es auch darum, wenn jemand ein Elektrofahrzeug kaufen möchte und keine Infrastruktur hat, dann wird er oder sie das wahrscheinlich erst mal nicht tun. Und deswegen haben zu Beginn die die großen Autohersteller sich zusammengeschlossen und haben gesagt wir müssen Infrastruktur anbieten können, damit unsere Fahrzeuge gekauft werden. Und so kam es zur Gründung.
05:08:10: Bernd Edelmann: Im Vorfeld zur Gründung gab es natürlich auch schon relativ viele Überlegungen wie. Wie stellen wir uns auf? Wie können wir diesen Netzwerkgedanken sicherstellen, dass ich wirklich auch von A nach B komme? Und das ändert sich natürlich im Zeitablauf. Das heißt, heute sind andere Player auf dem Markt. Wir haben einen anderen Blick drauf, aber vielleicht ist es auch sinnvoll, da ein bisschen einen Blick zurück zu wenden und zu schauen, was hat sich denn entwickelt?
05:33:07: Bernd Edelmann: Und ganz am Anfang ging es sehr, sehr stark um die Anzahl der Stationen, gar nicht so sehr um die Anzahl der Charging Points. Das heißt, jede Station, die wir aufbauen, hat auch eine Anzahl Charging Points, das heißt, diese Ladesäulen, das können aktuell beispielsweise sechs sein, das können aber auch 24 sein. Das hängt ein bisschen einfach von der von der Nutzung ab, vom Verkehr.
05:56:20: Bernd Edelmann: Der, der dort vorbeikommt. Und im ersten Schritt ging es drum, erst mal nur diese Ladestationen aufzubauen und zeigen zu können, dass da auch wirklich ein Netzwerk entsteht. In den unterschiedlichen Ländern und im Zeitverlauf ändert sich der Blick. Und das ist wahrscheinlich auch was, was ihr in euren Beratungsprojekten erlebt. Ich muss immer schauen, in welchem Stadium befinde ich mich von einem Geschäftsmodell?
06:19:14: Bernd Edelmann: Und wir, wir bedienen unterschiedliche Stadien zur gleichen Zeit, nämlich überall da, wo der Markt schon ein bisschen weiterentwickelt ist. Legen wir jetzt andere Kriterien an und da, wo der Markt noch ein bisschen wir sagen zu entwickeln ist, ist es so, dass wir eben auch die initialen KPIs nach wie vor in Betracht ziehen. Das heißt, die Anzahl der Stationen ist wichtig, aber zusätzlich kommt jetzt die Anzahl der Ladepunkte dazu.
06:43:17: Bernd Edelmann: Wir schauen eben nicht mehr nur darauf, dass es eine Station gibt und dass wir uns innerhalb des Budgetrahmens bewegen. Das heißt, wir haben auch einen Businessplan, den wir strikt einhalten, sondern wir schauen eben auch, welche Möglichkeiten gibt es innerhalb dieser gesetzten KPIs zu spielen. Ich habe beispielsweise eine Möglichkeit, wenn ich mehr und mehr Erfahrung sammle über die Utilisation.
07:06:05: Bernd Edelmann: Das dann auch in Betracht zu ziehen, was, was man in einem anderen Unternehmenszustand sowieso tun würde. Das heißt, da schaue ich sowieso auf ein auf den Profit Center und schaue mir Top Line und Bottom Line an. In unserem Fall fange ich erst mal an, viel Geld auszugeben und habe noch sehr, sehr wenig Erfahrung. Ganz am Anfang hatten wir null Umsatzerlöse und mit der steigenden Anzahl der Stationen lernen wir. Wir sammeln wahnsinnig viele Daten und über diese Daten lernen wir und können natürlich dann unsere Annahmen anpassen und lernen eben auch, welche Einflüsse auf die Topline zu kommen.
07:37:12: Bernd Edelmann: Und was bedeutet das dann auf dem Weg zur Bottom Line. Das heißt, in den nächsten Schritt geht es erst mal dann auch darum, von der reinen, sein Netzwerk getriebenen Ausbau Situation in eine Profitabilität zu kommen. Das heißt Unit Economics werden sehr, sehr viel wichtiger, um eben auch zeigen zu können, dass das Geschäftsmodell insgesamt profitabel ist. Und in dem nächsten Schritt wollen wir eben auch nicht nur das, sondern wollen auch schauen, wie können wir den Wert für unsere Shareholder steigern.
08:07:11: Bernd Edelmann: Und dahingehend verändert sich natürlich dann die KPIs, auf die man schaut. Und wir lernen wie gesagt mit den Daten, die wir generieren.
08:15:11: Sjard Hammer: Okay, ihr agiert wie in einem Art Reifegrad Modell und dieses Reifegrad Modell läuft aber parallel, weil ihr verschiedene Länder oder Investitionsprojekte habt, wo ihr sagt Mensch, da sind wir eher am Anfang und da müssen wir einfach noch mit unseren ursprünglichen Kennzahlen arbeiten und dann verändert sich das über die Zeit und ihr habt wie eine Schablone in Anführungsstrichen, aber die passt laufend einfach an, weil ihr immer mehr lernt (Korrekt) und guckt wie ihr eigentlich arbeiten müsst.
08:42:13: Bernd Edelmann: Ja, ich glaube, ein wichtiges Stichwort ist hier laufend. Ich kam davor, also bevor ich zur IONITY kam, aus einem sehr klassischen Unternehmensumfeld und da habe ich eine gewisse Stabilität. Natürlich habe ich immer Dynamiken von außen und auch von innen, aber doch eine gewisse Stabilität. Und was wir jetzt hier vorfinden, ist einfach ein Markt, der sehr dynamisch ist.
09:02:13: Bernd Edelmann: Erst mal aufgrund der Branche. Ein Markt, der neu ist, wo ich ganz unterschiedliche Player habe, die erst zueinanderfinden müssen. Die auch erst lernen müssen, wie das Zusammenspiel funktioniert und auch das verändert sich natürlich laufend. Und ich habe aber auch eine Situation, wo in dem, was wir tun, laufend Veränderung herrscht. Einflüsse von außen, wie beispielsweise die Energiekrise, die natürlich auf uns unmittelbar Einfluss haben, aber eben auch, dass wir lernen, dass wir lernen im Zusammenspiel mit den Partnern.
09:29:13: Bernd Edelmann: Wir haben viele Dienstleister, mit denen wir zusammenarbeiten, beispielsweise die ganzen Baudienstleistungen erbringen wir nicht selbst, sondern da arbeiten wir mit, mit europäischen Spielern zusammen. Und deswegen ist es ein laufendes Anpassen. Das heißt, unser Businessplan wird regelmäßig angepasst. Unsere Annahmen werden regelmäßig überprüft und dann lassen wir dort eben die Eindrücke oder Einflüsse von außen mit einfließen. Und das, was wir auf Basis der zunehmend wir, sagen der zunehmenden Generierung von Daten entsteht.
10:03:03: Sjard Hammer: Du hast jetzt ein paar sehr interessante Punkte genannt. Ich greife mal den ersten raus, du hast gesagt verschiedene Player. Hattest ja auch in deiner Einführung gesagt, fünf OEMler sind es ja und ein Private Equity Unternehmen, das euch sozusagen aus der Taufe gehoben hat. Von daher ist ja auch die Frage, die kommen ja alle mit eigenen Zielen, eigener Historie, eigenen Strukturen und auch Kulturen irgendwie an Bord.
10:29:12: Sjard Hammer: Und wie macht ihr das dann als junges Unternehmen? Weil ihr seid ja ein dynamisches junges Startup. Aber eigentlich würde man von außen sagen ja, so richtig Start up Charakter kann es ja gar nicht haben. Wie, wie schafft ihr es da, so zu sagen einen Konsens zu finden, mit solch mächtigen Spielern euch da durchzusetzen oder die die Kollegen, also quasi die OEMler und auch den Private Equity Unternehmer quasi hinter euch zu bringen? Also wie schafft die konsensfähige Entscheidung?
10:54:23: Bernd Edelmann: Also erst mal glaube ich, waren wir nie ein wirkliches Start up. Für mich gehört zu einem wirklichen Startup irgendwo da gibt es Gründer. Die haben eine Idee und die entwickeln das Unternehmen weiter und sammeln dann Kapital ein. Das war bei uns nie so, weil es war klar, dass wir von Anbeginn an eine Rolle haben, die man vielleicht in einer anderen Umgebung erst sukzessive einnimmt.
11:19:11: Bernd Edelmann: Das heißt, beispielsweise sind wir innerhalb von einem Jahr in all diese Länder gegangen, mit allen Implikationen, die das hat. Ich gründe dort eine Betriebsstätte. Ich brauche beispielsweise ein Bankkonto, ich muss mir Gedanken machen, wie steuere ich das Land im Vergleich zum Headquarter? Und das Headquarter ist zu dem Zeitpunkt, in wir in die Länder gegangen sind, ja auch noch sehr klein gewesen.
11:39:20: Bernd Edelmann: Das heißt, ich habe da Dinge, die ich in einem größeren Kontext, einem in einem reiferen Unternehmensgrad anders angehen würde. Und ich würde vielleicht einzelnen Märkten sukzessive folgen, je nachdem, welche Versprechungen ich mir davon erhoffe. Und das hat sich deutlich verändert, weil wir einfach in die Länder gleichzeitig reingegangen sind. Und dann der Punkt, den du angesprochen hast Sjard, ist natürlich auch der, dass ich schauen muss, wie schaffe ich es, Unternehmen, die einfach von Natur aus aufgrund ihrer Größe andere Strukturen haben, andere Anforderungen an uns, die uns auch unterschiedlich sehen aufgrund dessen, wie sie Beteiligungen führen.
12:18:12: Bernd Edelmann: Das sind zwar alles Unternehmen der Automobilbranche gewesen, zu Beginn jetzt eben auch weitere Branchen dazu und da muss ich diese Anforderungen bedienen können. Ich muss aber auch schauen, dass mich das nicht zerreißt, dass ich eine Klarheit habe, dass ich auch eine Einfachheit habe im Reporting, das heißt so viel wie möglich in ein Reporting integrieren kann und trotzdem die unterschiedlichen Bedürfnisse bedienen kann.
12:43:06: Bernd Edelmann: Und das ist natürlich jetzt noch ein Stück weit komplexer geworden, weil ein Finanzinvestor andere Anforderungen hat, auch andere Prozesse hat im Hintergrund, als es die Automobilhersteller haben. (Ja, ganz klar.) Vielleicht abschließend dazu noch, um die Frage konkret auch zu beantworten. Für uns war wichtig, diese Komplexität zu reduzieren. Viel davon ist bei uns im Joint Venture Agreement geregelt und wir haben auch Wert darauf gelegt, das sozusagen in einer Anpassung auch dort, die die Dinge so geregelt sind, dass sie für uns handhabbar sind, dass eben auch Abstimmungsprozesse klar definiert sind, um nicht in eine Situation zu kommen, wie du sie gerade beschrieben hast, dass wir irgendwo ein Spielball dazwischen sind, das würde zu lange dauern, in der Dynamik in der wir unterwegs sind.
13:30:10: Bernd Edelmann: Und dennoch müssen wir sicherstellen, dass wir für gewisse Entscheidungen gewisse Stimmen auch und Mehrheiten erzielen. Ansonsten kommen wir nicht weiter und das ist, glaube ich, ganz gut geregelt mittlerweile.
13:42:10: Sjard Hammer: Und im Operativen ist es aber so, dass dann auch viele Entscheidungen delegiert werden, quasi runter in die Organisation, da wo auch das beste Wissen vorherrscht. Oder seid ihr da schon noch sehr klassisch aufgestellt und sagt, ne da müssen wir schon in die einzelnen Gremien sozusagen und die durchlaufen und die Entscheidungen und Mehrheiten abholen, die du jetzt eben genannt hast. Wie teilt sich das auf? Da delegieren wir und da gehen wir irgendwie formale Prozesse?
14:07:03: Bernd Edelmann: Meinst du intern jetzt? (Mhm) Also intern waren wir am Anfang natürlich sehr zentral organisiert, weil wir einfach klein waren. Und mit dem Wachstum kannst du das gar nicht so durchhalten. Insofern ändert sich das. Wir durchlaufen da auch eine Transformation. Es ist eine gesteuerte Transformation, um die wir aber nicht umhinkommen.
14:27:03: Bernd Edelmann: Ich habe mich früher auch mal mit Wachstumskrisen beschäftigt und da gibt es gewisse Größenkriterien und an denen, die musst du durchlaufen. Und du kannst nur darauf schauen, dass sie bestmöglich durchlaufen werden. Und an dem Punkt sind wir jetzt, das heißt, wir verändern natürlich die Prozesse, wir verändern die, das nennen wir es mal neudeutsch das Empowerment der Führungskräfte, weil wir es nicht mehr nur alles zentral steuern können.
14:52:08: Bernd Edelmann: Das wäre auch nicht in einem gesunden Verhältnis. Beispielsweise ist sehr viel einfach auch was in den Ländern passiert. Und da braucht es eine gewisse Möglichkeit, agieren zu können in einem gewissen Rahmen. Den Rahmen geben wir nach wie vor zentral vor, aber wir schaffen damit ein Spielfeld, was lokal bedient werden kann und wo man dann sagen kann, ich kombiniere einzelne Module auf die beste Art und Weise, um in dem Land erfolgreich zu sein.
15:18:07: Sjard Hammer: Noch mal vielleicht zwei, drei Minuten zurück. Da hattest du auch über laufende Kennzahlen und Erkenntnisse gesprochen. Habt ihr ein festdefiniertes Kennzahlen-Set und erhebt ihr das digital oder wie muss man sich das vorstellen? Wenn man jetzt in diese verschiedenen Reifegrad Modelle reinschaut, könnte ich mir ja vorstellen, dass das jetzt nicht überall schon alles automatisiert zu erheben ist. Wie geht ihr damit um?
15:41:19: Bernd Edelmann: Auch, auch das ist ein Prozess. Am Anfang hatten wir gar nicht die Möglichkeit, alles automatisiert zu erheben und das wird auch noch eine Zeit lang dauern, wenn wir jetzt mal rein den Automatisierungsgrad anschauen. Digital waren wir schon immer, weil wir einfach sehr verteilt arbeiten. Das heißt, auch die Pandemie hat da jetzt nicht wesentlich eine Veränderung reingebracht, sondern da würde ich sagen, waren wir gut darauf vorbereitet.
16:03:06: Bernd Edelmann: Das hat uns geholfen, weil wir sind ein kleines Unternehmen und ein kleines Unternehmen, das auch nicht über die Maßen wachsen wird, weil wir wie gesagt, sehr, sehr viel mit Dienstleistern zusammenarbeiten. Und das bedeutet, wir müssen sicherstellen, dass die Informationen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist und dort auch generiert werden kann. Deswegen ist sehr viel digital, weil viel eben auch an der Station selbst entsteht.
16:24:15: Bernd Edelmann: Und von dem her haben wir ein Kennzahlen-Set, um darauf einzugehen, was klar definiert ist und was wir sukzessive besser bedienen können. Mit besser meine ich automatisiert. Das heißt wir, wir schauen darauf, dass die Reports automatisierter generiert werden können. Dann nutzen wir verschiedene Systemen. Wir versuchen die Systemwelt zu integrieren, dass dadurch, dass viel an unseren Stationen passiert ist das natürlich auch ein Backbone, der für uns große Relevanz hat.
16:54:22: Bernd Edelmann: Und den versuchen wir dann über Schnittstellen, smart, wir sagen zu gestalten, sodass wir unterschiedliche Informationsebenen beispielsweise von Operations oder aus Finance miteinander kombinieren können, um daraus dann sinnvolle KPIs zu generieren.
17:10:22: Sjard Hammer: Und die sind aber einheitlich definiert. Oder merkt ihr das das durchaus eine Schwierigkeit ist, von der Idee eines Single Point of Truths, wo man dann auch noch einen Standard KPI Katalog hat und die dann auch flächendeckend so auch umgesetzt werden und auch interpretiert werden. Seid ihr da schon so weit oder ist das durchaus eine Herausforderung, wenn man 24 Länder hat und dezentrale Strukturen hat?
17:33:20: Bernd Edelmann: Es ist natürlich eine Herausforderung. Ich glaube, es wäre jetzt nicht authentisch zu sagen, das funktioniert alles schon so, wie wir uns das in unseren Köpfen vorstellen. Ich glaube aber, im Vergleich zu anderen Unternehmen sind wir recht weit im Vergleich zu anderen Unternehmen dieses Alters, weil wir sehr, sehr früh darauf getrimmt waren, da auch den Weg sehr klar zu gehen und auf der anderen Seite aber auch im Vergleich zu sehr viel wir sagen erwachseneren Unternehmen, dass wenn ich das so vergleiche mit den Unternehmen, die ich davor kennengelernt habe, haben wir da glaube ich, schon sehr schnellen Weg hinter uns und eine hohe Professionalität. Dennoch wenn du gerade über Definitionen sprichst, ist es wichtig, dass man beisammen ist, wenn es um eine Definition geht und auch bewusst sich für eine Definition entscheidet. (Mhm, exakt) Und da haben wir schon das eine oder andere verändert, weil wir gemerkt haben, wenn wir über einen KPI sprechen, dass nicht immer alle das gleiche Verständnis haben, oder wenn wir einen KPI erheben und der nicht an einer Stelle erhoben wird, also beispielsweise Single Point of Truth, dass das dazu führt, dass wir am Ende nicht dieselben Erkenntnisse daraus ziehen oder dieselbe Sprache sprechen.
18:43:21: Bernd Edelmann: Und insofern haben wir in den letzten fünf Jahren schon Sorge dafür getragen, dass die Definition einheitlich ist und dass das Verständnis das gleiche ist. Da haben wir aber natürlich den Vorteil, dass wir wenig Heritage haben. Alles, was wir tun, basiert auf den letzten fünf Jahren und insofern ist das ein Vorteil gegenüber ich sag mal sehr viel länger gewachseneren Strukturen da, da muss sich Systeme zusammenlegen, da muss ich Ländereinheiten vielleicht kombinieren und das ist eine andere Welt. Das ist ein Vorteil, den, den wir anderen gegenüber haben.
19:15:21: Sjard Hammer: Kommen wir mal zu den Controllinginstrumenten und Steuerungsprozessen. Du hast ja vorhin auch gesagt laufende Veränderung, laufende Anpassung. Welche Bedeutung hat bei euch die Planung und auch das Forecasting? VUCA ist immer ein viel gestresstes Wort, auf der anderen Seite, im Kleinen und im Großen merkt man halt, dass die Umwelt und auch die Wirtschaft sehr dynamisch ist und volatil. Welche Bedeutung hat die Planung bei euch? Wie nutzt ihr dieses Instrument?
19:47:06: Bernd Edelmann: Also erst mal grundsätzlich glaube ich, es ist völlig falsch, dagegen anzukämpfen oder sich andere Zeiten zurückzusehnen. Ich glaube, die Welt ändert sich. In unserem Fall erinnert sie sich radikal und dynamisch. Ich würde sogar sagen, wir verändern eine ganze Branche, nicht wir alleine. Aber die Elektromobilität verändert eine Branche. Und das führt auch dazu, dass auf einmal neue Spieler in den Markt eintreten, die man vielleicht gar nicht auf dem Schirm hatte. Und das erfordert natürlich auch, dass wir uns Gedanken machen, wo geht die Reise hin?
20:21:05: Bernd Edelmann: In der Anfangsphase waren wir sehr einfach aufgestellt. Es musste alles sehr schnell gehen und insofern waren auch viele Dinge ausgelagert. Und was wir uns jetzt überlegen ist was gehört zu unseren Kernkompetenzen und was muss internalisiert werden. Und das betrifft alles. Das betrifft die Dienstleistungen, die wir erbringen oder die im Moment andere erbringen. Das betrifft die Systemwelt. Am Anfang hatten wir beispielsweise ein System, was extern gehostet war und was wir dann zu uns migriert haben, auch auf ein anderes System migriert haben.
20:54:03: Bernd Edelmann: Und das bietet uns Flexibilität, weil ich glaube, im Kern geht es darum, in dem, was wir tun, flexibel zu bleiben, nichts zu zementieren, uns ständig zu hinterfragen und dann tragen wir diese Dynamik Rechnung. Und diese Flexibilität ist für uns enorm wichtig. Um noch mal den Aspekt der Planung aufzugreifen. Wir haben einen Businessplan über zehn Jahre. Wird der so eintreten, wie wir ihn aktuell planen?
21:19:08: Bernd Edelmann: Natürlich nicht, weil wenn ich gerade von einer Dynamik spreche und von Flexibilitätsanforderungen, die wir haben und dann von einem zehn Jahres Businessplan, dann wird es nicht zusammenpassen. Bedeutet aber im Umkehrschluss, wir müssen sicherstellen, dass wir langfristige Anforderungen an uns, an Planung, an Reporting bestmöglich bedienen und trotzdem die Flexibilität erhalten. Das heißt, wir schauen unterschiedliche Zeitabschnitte an, und wir agieren im Forecast natürlich sehr viel flexibler.
21:47:24: Bernd Edelmann: Deswegen ändert sich trotzdem nicht das Budget, was wir festgelegt haben. Deswegen bleibt es trotzdem unser Ziel für das nächste Jahr oder für dieses Jahr. Dennoch schaffen wir es aber, über die Flexibilität neue Impulse einfließen zu lassen und daraus zu lernen. Ich glaube, das ist die Hauptherausforderung, die wir haben. Aus den vielen Informationen die richtigen zu ziehen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
22:10:20: Sjard Hammer: Und steuert ihr dann hart auf dem Budget oder nimmt ihr dann einen Rolling Forecast zum Beispiel auch als Instrument, wo ihr sagt ne, da gehen wir jetzt auch über die Jahresscheibe einfach hinweg. (Korrekt, wir haben beides.) Und das ist ja so ein bisschen wo du sagst, man muss sich ein Ziel setzen, dann braucht man besser eigentlich einen harten Wert. Oder man hat halt eine längerfristige Vision, die man zu gewisser Zeit einfach erreichen möchte.
22:32:10: Sjard Hammer: Das ist aber dann eher mittelfristiger als kurzfristiger. Und dann gibt es ja durchaus ein Mittel wie ein Rolling Forecast oder ähnliches, wo man sagt okay, wie können wir unterjährig bzw. in dem kürzeren Zeitabläufen einfach noch mal besser nachsteuern? Und das ist dann halt auch ein sehr wichtiges Instrument. Denkt ihr darüber nach oder habt ihr sogar so was im Einsatz?
22:52:12: Bernd Edelmann: Haben wir im Einsatz. (Rolling Forecast?) Also wir haben auf der einen Seite vielleicht um die die drei Instrumente kurz zu beleuchten. Wir haben den Businessplan, der über zehn Jahre geht. Der spiegelt, wie du gesagt hast, die Vision, die Strategie wieder, die muss runtergebrochen werden und die müssen natürlich in den Jahren, die näher liegen, deutlich greifbarer sein. Dann haben wir ein Budget, das ist die Maßgabe.
23:11:01: Bernd Edelmann: Daraus leiten sich die Ziele fürs jeweilige Jahr ab. Dieses Budget ist immer auch Teil des Businessplans. Das heißt, unser Businessplan wird, wenn er jährlich abgeleitet wird, auch immer dahingehend angepasst, dass wir das Budget fürs Jahr festlegen und neue Erkenntnisse aus dem, was von außen passiert. Aber dem, was wir von innen über die Daten lernen, mit einfließen lassen. Und dann passieren natürlich unvorhergesehene Dinge unterjährig.
23:34:02: Bernd Edelmann: Und genau da greifen wir auf ein Rolling Forecast zurück, den wir quartärlich erstellen und den wir aber dann immer um ein Jahr weiterziehen. Das heißt nicht klassisch, wie ich es von früher auch noch kenne, dass ich sage, ich habe drei plus neun oder sechs plus sechs, sondern wir haben immer einen, der über zwölf Monate on top geht. Das heißt, ich habe drei plus zwölf, sechs plus zwölf, Das liefert uns dann auch schon Erkenntnisse für das Budget des nächsten Jahres.
23:57:19: Sjard Hammer: Ja, okay, und wie spielt das zusammen, wenn ihr jetzt Investitionsobjekte habt und Realisierungsthemen, weil eine Ladestation, ich weiß nicht, wie der Zyklus von so einem Projekt ist, wenn man einen Ladepark aufbaut. Wie lange dauert denn so was?
24:09:19: Bernd Edelmann: Das ist ganz, ganz unterschiedlich. Die schöne Antwort "It depends". Und das ist aber nicht das, was man hören möchte. Bei uns hängt das sehr viel von Einflussfaktoren ab, wie beispielsweise Grid Connection, das heißt Anbindung ans Elektrizitätsnetz, je nach Land, je nach Region, sogar ist es ganz unterschiedlich. Das heißt, die Dinge, die wir im Griff haben, wo wir selber sozusagen am Steuer sitzen, da haben wir relativ viel Klarheit. Aber da gibt es eben Einflüsse von außen. Wir brauchen beispielsweise Genehmigungen von Behörden, seien das Genehmigungen für Bauten oder eben auch, wie gesagt, für den Netzanschluss. Und insofern kann sich das unterschiedlich lange ziehen.
24:50:04: Bernd Edelmann: Da haben wir aber relativ klare Budgetvorgaben in unserem Businessplan integriert und an denen hangeln wir uns lang. Wenn wir feststellen, dass sich Dinge verändern, dann müssen wir schauen, wie können wir darauf reagieren. Weil natürlich verändern sich Dinge, wenn wir gerade über Dynamik sprechen. Und insofern müssen wir schauen sind es Dinge, wo wir kreativ und smart schauen müssen, wieder auf den Weg zurückzukommen?
25:13:11: Bernd Edelmann: Oder sind das Dinge, die wir nicht wieder korrigieren können, weil es Einflüsse von außen sind, beispielsweise die Supply Chain hat bei den Herstellern, mit denen wir zusammenarbeiten, beispielsweise von der Hardware, in den letzten Jahren natürlich deutlich anders funktioniert als ursprünglich mal gedacht. Ich glaube, das Thema Lead Management hat auch einen anderen Blick erfahren und das trifft uns genauso. Und insofern müssen wir natürlich dann auch schauen, was bedeutet das für uns?
25:38:16: Bernd Edelmann: Mit solchen Themen müssen wir dann dementsprechend umgehen und sie dann wiederum in unsere Zahlen lassen. Für mich ist eine Zahl immer einfach nur eine Übersetzung dessen, was wir tun. Und da müssen wir schauen, wie lässt sich das am besten übersetzen?
25:52:16: Sjard Hammer: Eben meine Frage, wenn man die Nummer weiterspinnt, zielt ihr ja auch darauf ab zu schauen, wie laufen die einzelnen Projekte und das könnte ich mir vorstellen, ist schon auch wichtig auch Liquiditätsplanung da dahinter natürlich setzend. Interessiert wahrscheinlich auch den Finanzinvestor ganz ganz ordentlich. (Definitiv.) Und auf der anderen Seite diese Jahresscheiben oder diese Zielsicht, konkurrieren die oder lasst ihr die parallel laufen. Also Projektsicht die ja sich nicht scheren um irgendwelche Jahreswenden oder wie kriegt ihr das unter einen Hut?
26:22:16: Bernd Edelmann: Auch hier müssen wir die parallel laufen lassen. Das heißt, wir haben natürlich Zwänge, die aus der Finanz heraus resultieren, beispielsweise ein Jahresabschluss, beispielsweise ein Budget.
26:32:07: Bernd Edelmann: Und da denken wir natürlich in Jahresscheiben und dann kommt das dazu, was in der Realität passiert. Und das sind beispielsweise Projekte oder Produkte, die wir auf den Markt bringen, oder Projekte, die wir durchführen. Und an der Stelle lassen wir das parallel laufen. Wir machen für uns dann den harten Cut zu den jeweiligen Zeitleisten, also beispielsweise zum Jahresende. Schauen, aber dann ganz genau, was ist bis dahin eben passiert in Form des Budgets, in Form der Zeitleiste, das heißt, gibt es Verschiebungen und in Form der deliverables die dahinter stecken? Wir haben eine unterschiedliche Granularität, wenn es beispielsweise um Projekte geht. Das heißt, wir haben eine sogenannte Corporate Road Map. Da betrachten wir alles, was crossfunktionale Projekte anbelangt, und dann haben wir eine kleinteiligere Sicht.
27:22:16: Bernd Edelmann: Das sind dann die einzelnen Departments, und da sind wir natürlich dann etwas entspannter, weil das das jeweilige Department betrifft und das nicht immer im Zusammenspiel mit anderen passiert. Da kannst du maximal zu zeitlichen Verschiebungen kommen.
27:37:16: Sjard Hammer: Dann schließen wir noch mal den Performancemanagementzyklus ab. Das wäre dann Reporting und Gegenmaßnahme einleiten. Wie, wie, wie finden bei euch Performancedialoge statt? Habt ihr da regelmäßige Meetings entlang der verschiedenen Unternehmensstrukturen oder Hierarchien?
27:57:10: Sjard Hammer: Wie stark ist sozusagen Dialog geprägt? Wie viel ist es sozusagen ein Aufgalopp, wo Zahlen präsentiert werden? Wie, wie, wie gestaltet ihr solche Performancedialoge?
28:06:10: Bernd Edelmann: Auch da, glaube ich, muss man ein bisschen den Weg, den wir haben und das Stadion, in dem wir sind, im Blick behalten. Grundsätzlich hat am Anfang sehr viel über Dialog funktioniert und das ist schön, weil damit kann man gut arbeiten und schafft viel Klarheit.
28:23:01: Bernd Edelmann: Mit zunehmender Größe funktioniert der Dialog nicht mehr so, wie er ursprünglich mal funktioniert hat. Ich glaube, das ist offensichtlich und insofern müssen wir auch hier kontinuierlich anpassen. Das heißt, wenn wir weiter wachsen oder auch allein schon in das Stadium, was wir mittlerweile erreicht haben, erfordert andere Maßnahmen. Das heißt, wir sind jetzt sehr sehr viel mehr in Richtung adressatengerechtes Reporting, standard Reporting unterwegs.
28:47:00: Bernd Edelmann: Das klingt immer so ein bisschen nach nach Großkonzern. Das ist aber damit nicht gemeint, sondern mit standardisiert meine ich auch einfach, dass wir unterschiedliche Departments beispielsweise oder unterschiedliche Länder mit einer Messlatte steuern, die transparent ist und die eine Einheitlichkeit mit sich bringt, da wo Einheitlichkeit sinnvoll ist. Und deswegen ändert sich natürlich auch unsere Reporting Landschaft und wie du es genannt hast, Performancedialog dahingehend, dass wir beispielsweise monatlich Gespräche haben, wo wir in den Departments schauen, wie hat sich denn die Welt entwickelt und wo wir quartärlich Gespräche haben, auf einem anderen Niveau, wo wir anschauen, wie haben sich denn einzelne Bereiche oder crossfunktionale Projekte entwickelt?
29:36:03: Bernd Edelmann: Das muss immer dem Großen und Ganzen folgen. Das heißt, wir versuchen das ein Stück weit, und das ist die nächste Aufgabe, die wir vor uns haben, auch über Werttreiberbäume abzubilden. Auch das klingt oder mag ein bisschen antiquiert klingen. Aber wenn man sich überlegt, womit schaffen wir Wert und wie können wir das runterbrechen, so dass jeder und jede versteht was ist denn mein Anteil, was ist mein Impact, den ich leisten kann?
30:02:24: Bernd Edelmann: Schafft es wieder Transparenz und ich denke motiviert auch, weil man direkt sieht, welche Einflussmöglichkeiten man hat.
30:09:24: Sjard Hammer: Da muss ich nochmal querhaken, weil auf der einen Seite klassische DuPont-Werttreiberbäume sind glaube ich immer noch weitverbreitet und machen auch Sinn. So wie du es auch eben erklärt hast. Spielt ihr denn auch mit den Daten, weil du hast gesagt ihr erfasst sehr viel Daten.
30:23:02: Sjard Hammer: Lasst ihr da auch künstliche Intelligenzen drüber laufen? Mustererkennung zu machen, aber auch meinetwegen, wir hatten es eben mit einem Forecasting, dass man mal über Predictive nachdenkt, automatisierte Reports oder Forecasts zu erstellen. Arbeitet ihr damit oder sagt ihr ja, da müssen wir erst mal grundlegende Strukturen legen und dann gehen wir das in der nächsten Phase an. Wo steht ihr da?
30:47:21: Bernd Edelmann: Ja, zweiteres. Erst mal ist es wichtig, für eine Stabilität und für eine Qualität der Daten zu sorgen, weil ansonsten das Ergebnis nicht das Richtige sein kann. Und dadurch, dass dort erst viel am entstehen war und ist, ist das die erste Aufgabe gewesen. Ich glaube, da sind wir mittlerweile sehr gut, dass wir eine Datenqualität haben, mit der wir auch wirklich zu den richtigen Erkenntnissen kommen, wenn wir denn die Daten sinnvoll kombinieren.
31:15:23: Bernd Edelmann: Insofern wir denken drüber nach. Das Thema Data Analysis ist auch Teil meiner Verantwortung und insofern beschäftigen sich da Kolleginnen und Kollegen genau mit diesen Themen. Wie lassen sich Daten sinnvoll kombinieren? Wie können wir vielleicht auch da, wir sagen die Vorbereitung treffen, um dann in Richtung Predictive Forecast beispielsweise zu gehen? Da wird viel experimentiert. Ich finde das super spannend, weil wir da gerade auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln in dem Datenteam auf Dinge schauen und feststellen, dass wir zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
31:50:04: Bernd Edelmann: Und das Spannende daran ist, dann daraus zu lernen, warum sind die Ergebnisse unterschiedlich? Was haben wir vielleicht an Stellschrauben anders festgelegt, im einen oder anderen Weg und dann zu entscheiden, was ist denn der Weg nach vorne? Und wenn wir das hinter uns gebracht haben, ich glaube, dann können wir wirklich drüber nachdenken. Wie kann ich so ein Predictive Forcast schaffen?
32:10:17: Bernd Edelmann: Und das ist aber noch ein bisschen Weg zu gehen, weil das für mich auch damit zusammenhängt, welche Einflussgrößen können wir mit reinbringen? Also ich habe mich auch mal mit jemanden ausgetauscht, der dort schon sehr, sehr fortgeschritten agiert und die Kombination von Daten fand ich beeindruckt. Und ein Teil davon, obwohl es eine ganz andere Branche war, lässt sich glaube ich auch für uns daraus ableiten.
32:35:11: Bernd Edelmann: Das heißt, ich habe einfache Dinge wie Ferienzeiten in den einzelnen Ländern, aber die sind schon mal in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Das das ist einfach. Ich habe aber vielleicht Themen wie Wetter, die da mit reinspielen können. Das heißt, ich muss ja ableiten können, wann habe ich welche Verkehrsströme in Europa und was bedeutet das für mich? Und wenn man dann noch mal weiterdenken Richtung Dynamic Pricing beispielsweise, dann ist das was, wo wir, glaube ich, viel Potenzial in der Zukunft haben, aber eben im Moment gerade erst in den Vorbereitungen sind. ja genau die Schlagworte, die du jetzt genannt hast.
33:07:04: Sjard Hammer: Ja genau die Schlagworte, die du jetzt genannt hast, die kommen mir auch in den Sinn, Dynamic Pricing. Auch vielleicht Richtung Maintenance, wenn ihr, wenn ihr die auch dann betreibt, wo muss man eigentlich wieder was machen. Wie lernt man daraus? Ich glaube, da kann man mit einer gut sortierten Datenwelt, die nicht gleichzeitig strukturiert sein muss, aber wie du sagst, von außen kommen auch Wetterdaten usw. und so fort, glaube ich, da kann man noch zukunftsmäßig sehr viel machen und auch Wert schaffen. Also damit beschäftigen wir uns auch. (Ja) Ich glaube, das ist ein ganz spannender Bereich. Vielleicht noch mal zwei, drei kurze Fragen zu deinem Team und wie du dich organisiert hast. Klingt alles sehr, sehr dynamisch. Deshalb interessiert mich natürlich, wie euer Bereich so ein bisschen aufgestellt ist. Seid ihr in den klassischen Strukturen unterwegs oder seid ihr eigentlich eher so ganz trendy agil aufgestellt? Wie gestaltet sich das? Ich merke ja so, wenn ich auf meine Projekte schaue, dass Finanzen auf der einen Seite sehr stark wiederkehrende Routineaufgaben zu tun hat, du hast eben auch über Performancedialoge und natürlich den Planungsprozess, diese ganzen Steuerungsprozesse, das sind so Klassiker, die man irgendwie bedient, vielleicht mit einer neuen Methode, aber dennoch weiter bedient.
34:13:18: Sjard Hammer: Aber auf der anderen Seite gibt es immer stärker Unternehmens- oder man sagt crossorganisationale, crossfunktionale Projekte, wo Finance immer eine wichtige Rolle spielt. Manchmal ist man so eine Scharnierfunktion, manchmal ist man auch der Treiber, ist also quasi immer tief eingebunden, auch in solche Projekte. Von daher ist das Projektgeschäft, glaube ich, im Financebereich deutlich stärker geworden und wird hinzugezogen.
34:37:13: Sjard Hammer: Wie ist das bei euch? Wie habt ihr euch aufgestellt? Seid ihr klar in Teams zugeordnet? Sortiert ihr euch immer wieder neu oder habt ihr verschiedene Layer?
34:48:01: Bernd Edelmann: Ein bisschen von allem, was du gesagt hast, auch hier das vielleicht ein bisschen mit mehr Hintergrund noch zu unterfüttern. Wenn wir jetzt mal das eine oder das andere Ende der Fahnenstange nimmt, bewegen wir uns irgendwo dazwischen. Also ich glaube, wir sind und das würde jetzt, glaube ich auch eher erstaunen, nicht klassisch aufgestellt. Wir sind aber jetzt auch kein Unternehmen, was komplett agil ist.
35:10:03: Bernd Edelmann: Ich glaube, das würde in unserem Fall auch nicht Sinn machen. Das heißt, es gibt bei uns Bereiche, die arbeiten super agil und steuern sich dementsprechend. Und dann gibt es Bereiche, die eher in der, kann man sagen, in der traditionellen Steuerung unterwegs sind und das macht auch Sinn, sowie das ist. Was wir sicherstellen müssen, ist, dass die Dinge gut ineinandergreifen und das funktioniert mal besser, mal schlechter.
35:28:03: Bernd Edelmann: Und insofern lernen wir auch hier sehr schnell und versuchen uns zu hinterfragen und eben auch das, was aktuell Bestand hat, zu hinterfragen. Und gerade wenn es um die crossfunktionale Arbeit geht, ist das ein Thema, wo wir den Ansatz verändert haben, wie wir zusammenarbeiten, wo wir auch die die Steuerung verändert haben. Das wird absehbar wieder passieren müssen, weil einfach aufgrund der Dynamik erkennbar ist, dass Dinge vielleicht nicht so funktionieren, wie wir es ursprünglich mal intendiert haben.
35:53:10: Bernd Edelmann: Und dann haben wir die Freiheit und die Flexibilität, das eben anzupassen. Und auf der anderen Seite braucht es aber eben auch eine gewisse Klarheit, was ich verstehen musste. Ich hatte auch zuerst gedacht, wir können auch unsere Unternehmensorganisation sehr viel flexibler gestalten, sehr viel innovativer und habe dann aber auch gelernt, wenn der Einfluss von außen, die Dynamik von außen und auch der Druck, der, der in dem, was wir tun, mitschwingt, groß ist, kann es auch zu Verunsicherung führen.
36:19:22: Bernd Edelmann: Das heißt, es ist auch wichtig, wenn ich an einer Stelle eine Art von Konstante habe. Und deswegen sind wir in manchen Bereichen auch sehr traditionell unterwegs, weil wir festgestellt haben, wenn wir dort auch noch eine Innovationsform draufpacken, dann würde das nicht dazu führen, dass wir erfolgreicher sind. Vielleicht kommt es zu einem späteren Zeitpunkt. Ich persönlich würde mir das auch wünschen, weil ich denke, dass das die Arbeitswelt verändert sich und wir sind Unternehmen was jung ist und in einer neuen Branche unterwegs ist und insofern würde das für meinen Geschmack gut passen. Aber es muss in die Zeit passen. Und für den Moment haben wir eben festgelegt, dass wir in unterschiedlichen Bereichen ganz unterschiedlich organisiert sind und insofern auch die Steuerung unterschiedlich passiert. Das kann von Sprints in der agilen Form passieren bis hin zu eben sehr traditionellen, regelmäßigen Jour fixes beispielsweise.
37:11:23: Sjard Hammer: Also das ist auch meine Wahrnehmung, wenn ich in den Markt schaue und bei den Projekten, wo ich tätig bin, dass so ein hybrider Ansatz eigentlich im Moment der erfolgreichste ist, also nur auf Gedeih und Verderb quasi agil sich aufzustellen, das probieren einige, hat sich aber auch aus meiner Sicht nicht zwingend bewährt. So, das muss immer passen, wie du es so schön gesagt hast zu der Zeit und zu den Themen, die man halt einfach bearbeitet. Als finale Frage, wenn ich mal auf so einen Controller schaue und ein Controller Profil was glaubst du, wird die Zukunft prägen, wenn du so auf dein Themenfeld schaust, ist es eher so ein datengetriebener Typ, so Data Scientist oder sogar ein Data Engineer, sage ich jetzt mal, um so ein paar Schlagworte zu nennen. Glaubst, das ist eher jemand, der agile Methoden beherrschen muss? Du hattest eben das ja auch Scrum Master und Sprints usw. die Schlagworte genannt oder glaubst, es ist eher so ein Typ, der starke kommunikative Fähigkeiten braucht. Früher hat man auch gesagt Business Partnering, aber das war ein bisschen weiter, sozusagen gedacht, damit er auch auf Augenhöhe mit euren starken Playern, wie du sie genannt hast und dann auch interagieren kann. Was glaubst du, wird so in diesem Mix das Kräfteverhältnis sein, worauf kommt es eigentlich an, im Controlling, in der Zukunft?
38:21:19: Bernd Edelmann: Also ich denke, es ist definitiv ein Mix und das fordert natürlich auch das Controlling in der Zukunft. Ich persönlich denke nicht, dass es im Controlling den Data Scientist geben muss, aber der Controller oder die Controllerin müssen die Sprache eines Data Scientist verstehen und sich austauschen können.
38:39:18: Bernd Edelmann: Das ist beispielsweise auch in der Interaktion mit dem Datenteam bei uns so also das muss ich verstehen und ich muss bis zu einem gewissen Grad BI Tools bedienen können.
38:50:02: Bernd Edelmann: Ich glaube, die Sprache ist ganz wichtig. Die Kommunikation ist wichtig, weil wenn du gerade sagst, Basis ist, das Geschäft zu verstehen, verstehe ich das nur im Austausch. Und ich verstehe das nur, wenn ich eine gemeinsame Sprache finde. Und oftmals ist es so, dass wenn ich jetzt Operations und Finance hernehme, oftmals ein unterschiedlicher Blick da ist auf Dinge und ich muss einen gemeinsamen Blick finden.
39:15:03: Bernd Edelmann: Wir versuchen Finance auch in der Funktion des enabling zu leben und da ist die Kommunikation enorm wichtig. Das soll nicht heißen, dass bei uns alles immer schon perfekt funktioniert, aber das ist zumindest der Antrieb und den Ansatz, den wir, den wir leben wollen.
39:31:04: Bernd Edelmann: Über allem steht meines Erachtens eine Flexibilität, weil wenn ich das Geschäft heute verstehe und das Geschäft heute verändert wird, brauche ich im Controlling ein Verständnis. Was bedeutet das, damit ich wieder, wenn wir vorhin bei der Übersetzung waren, die Sprache der Zahlen richtig übersetze. Und deswegen braucht es meines Erachtens vom Charakter her eine Flexibilität, eine Offenheit, einer unsere Werte beispielsweise, die wir für uns leben, wie open minded.
40:00:12: Bernd Edelmann: Und das glaube ich, das trifft auf das Controlling zu. Sonst kann es meines Erachtens nicht der Business Partner sein. Sonst sind wir immer hintendran, wenn es darum geht, im Bereich FP&A beispielsweise die richtigen Schlüsse zu ziehen.
40:18:12: Sjard Hammer: Ja, Mensch, ich gucke jetzt auf die Uhr Bernd. Die Zeit ist schon vorangeschritten. Viele der Zuhörer sind wahrscheinlich schon am Fahrziel angekommen oder haben ihr Fahrzeug an der Ladestation jetzt schon wieder ordentlich aufgetankt.
40:30:05: Sjard Hammer: Von daher. (Solange der Fahrer oder die Fahrerin mit uns lädt, ist das bestens.) Ich danke Dir ganz herzlich noch einmal für das kurzweilige Gespräch und freue mich, dass Du da warst und hoffe, wir sehen uns bald wieder. Ganz, ganz vielen Dank! (Ganz bestimmt. Hat großen Spaß gemacht.) Bis dann. (Danke.)
40:47:20: Dr. Christian Bungenstock: Vielen Dank, dass Sie uns auf dieser Tour begleitet haben. Im Mai finden Sie die nächste Folge auf www.ctcon.de/podcast. Sie möchten keine Folge mehr verpassen? Dann abonnieren Sie uns beispielsweise bei Apple Podcast, Amazon Music, Spotify und Co. Wir freuen uns, wenn wir Sie auf viele weitere Expertenrunden mitnehmen dürfen.
41:24:00: Sprecherin: Das war "Zielführung starten", der Management-Podcast von CTcon.
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